Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/14

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Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
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Nach der Rückkehr Napoleons von Elba marschierte das Bataillon mit dem Hessenkontingent wieder nach Frankreich zu einer wenigstens etwas angenehmeren Kampagne. Dasselbe wohnte der Einnahme von Sedan, dann der Belagerung und Übergabe von Mézieres bei, und bezog nach dem Friedensschluß Kantonierungsquartier zunächst in der Nähe von Mézieres, dann tiefer in den Ardennen in weitläufig gelegenen Ortschaften, endlich im Spätherbst wieder in die Garnison Kassel zurückkehrend. Hier mußten wir uns zu unserem großen Ärger an das Tragen von Zöpfen und Pudern der Haare gewöhnen, da das ganze Herz des Kurfürsten daran hing. Mancher lächerliche Fall kam dabei vor. Einige Offiziere pflegten ihre Zöpfe an einem Leder befestigt in den Rockkragen zu stecken, andere den Zopf an den Tschako zu nähen. Bei dem Herausrufen der Wache, auf welche oft Offiziere zu Besuch kamen, kam es nun nicht selten vor, daß der wachhabende Offizier in der Eile einen Tschako ergriff, an dem ein Zopf befestigt war, während er schon einen solchen im Rockkragen befestigt trug und so mit zwei kurfürstlichen Möbeln, wie wir die Zöpfe nannten, paradierte. Schon nach kurzer Zeit wurde ich zu meinem Leidwesen in das Zweite Bataillon Landgraf Carl versetzt, um einem Neveu des Bataillonskommandeurs von Lossberg Platz zu machen. Sowohl die Subaltern-Offiziere in diesem Bataillon, als auch die im Grenadierregiment Lossberg richteten kurz darauf eine Bittschrift an den Kurfürsten um Erhöhung ihres elenden Soldes, der Sec. Leutnant hatte monatlich nur 13 Taler, noch mehreren Abzügen unterworfen. Dies wurde als Insubordination ausgelegt und das Zweite Bataillon zur Strafe nach Kirchheim bei Marburg, dann nach Schmalkalden, das Grenadierbataillon nach Ziegenhain verlegt. Das Zweite Bataillon wurde endlich nach Fulda beordert und kam so unter direktes Kommando des nichts weniger als angenehmen Obersten von Haynau, eines unehelichen Sohnes des Kurfürsten. Zu meiner großen Freude bewirkte aber Oberstleutnant von Lossberg schon nach kurzer Zeit meine Zurückversetzung in sein Bataillon nach Ziegenhain. Daselbst verlebte ich einige angenehme Jahre, in dem ich mit Oberstleutnant von Lossberg und meinem treuen Freund, dem Hauptmann Hans von Bardeleben, vielfache Jagdpartien machte, da diese zusammen in der Nähe von Ziegenhain eine Jagd gepachtet hatten, wir uns aber kein Gewissen daraus machten, die Grenzen vielfach zu überschreiten. Auch hatte ich öfter Gelegenheit, meine Eltern in dem unfernen Kirchheim zu besuchen, gewiß häufig nicht zur Freude meiner jüngeren Geschwister, da ich und mein aus Frankreich mitgebrachter, ausgehungerter und an den Genuß von Obst gewöhnter Hühnerhund in diesem großen Verwüstungen im Garten anrichteten.

Im Jahr 1821 starb endlich Kurfürst Wilhelm 1, und ich wurde unter Avancement zum Premierleutnant zu dem neu errichteten Leibgarderegiment nach Kassel versetzt. Dasselbe hatte ein neu gebildetes, vorzügliches Offiziercorps besonders unter dem jüngeren Teil desselben. Wir hatten einen gemeinschaftlichen Tisch vor dem holländischen Tor, verlebten dort sehr vergnügte Stunden trotz des angestrengten auf reiner Gamaschenknöpferei hinaus laufenden Dienstes, worin unser nichts weniger als beliebter Kommandeur Major Heinrich von Lossberg aus Kriecherei vor dem Kurfürst exzellierte. Manche gar liebe, unvergeßliche Freunde erwarb ich mir hier, so den längst verstorbenen Rudolf von Kaltenborn, besonders aber Weiss. Die höchsten Anstrengungen wurden gemacht, um zum Geburtstag des Kurfürsten im August 1821 das