Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/23

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Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
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ankam und außerstande, mich an den Verhandlungen zu beteiligen. Nun kam gerade da mein Entschluß der Auswanderung zur Reife, da ich mich aus eigener Beobachtung überzeugte, daß man die Zeit der wirklichen Macht des Parlamentes ungenutzt hatte verstreichen lassen, teils aus Schuld der in großer Zahl anwesenden gelehrten Professoren, nur unerreichbaren Idealen nachjagend, teils aus Schuld der sogenannten Republikanischen Partei, welche in einem Lande ohne Republikaner – sie selbst eingeschlossen – eine Republik gründen wollten. Meine Freunde, namentlich Eberhard, welche mich gern im Vaterland zurückhalten wollten, suchten dies dadurch zu erreichen, daß mich letzterer – Minister des Inneren – dem Kurfürsten wiederholt als Distriktsdirektor in Hersfeld vorschlug, jedoch um ebenso oft einen Abschlag zu erfahren, obgleich der Kurfürst sich damals in der Regel den Vorschlägen des Ministeriums fügen mußte. Hieraus ging deutlich der tiefe Haß des Kurfürsten hervor, hätte dies noch eines neuen Beweises bedurft, das aber dieser Haß seinen praktischen Ausdruck finden würde, sobald die Reaktion eingetreten, welcher jeder nicht Verblendete damals schon voraussehen konnte, war nicht zu bezweifeln. Auch der Umstand, daß mich das Stift Wallenstein in Fulda zum Koadjutor seines Direktors im Sommer 1848 gewählt hatte, konnte an meinem Entschluß um so weniger etwas ändern, da mit der Stelle des Direktors kein hoher Gehalt verbunden, überdem der Direktor, Graf Schulenburg, nur wenig älter, als ich war. So trat ich im Februar 1849 aus dem Parlament, um die notwendigen Vorbereitungen zur Auswanderung zu treffen.

Mein Hauptgrund für die Auswanderung war die Zukunft meiner fünf oder damals sechs Söhne, welche voraussichtlich auch nicht geringste Aussicht auf Anstellung im Hessischen Staatsdienst hatten, die damaligen äußeren Verhältnisse aber kaum den Weg für einen anderen Beruf dort für sie offenließen zum Fortkommen im Leben. Übrig geblieben würde daher nur gewesen sein, zu versuchen, dieselben in den Dienst fremder Staaten zu bringen, hauptsächlich in den Militärstand mit geringer Aussicht auf Erfolg, oder sie nach und nach den sehr zweifelhaften Erfolgen eigener Auswanderung zu überlassen ohne den väterlichen Schutz, während meine pekuniären Mittel, sie auf beiden Wegen zu unterstützen, nur gering waren. Ein anderer damals, ich gestehe es, für mich sehr schwerwiegender Grund für die Auswanderung war ein hoher Grad von Erbitterung gegen die Bewohner unserer Kirchheimer und Frielinger Güter. In dem vorausgegangenen 1847er Notjahr hatte ich unter Beistand meiner guten Brüder alles in meinen Kräften stehende getan, um die Not der Gutsangehörigen zu mildern, durch Ankauf von Kartoffeln zur Verteilung unter Arbeitsunfähige und Beschaffung von sonst unterbliebener Arbeit an die dazu Fähigen im Bewußtsein, daß diese Unterstützung für die Beteiligten selbst besser sei, als direkte Almosen. Flachs wurde angekauft und solcher den Weibern zum Spinnen gegeben, wodurch meiner Frau viel Arbeit und daneben Verdruß durch Betrug erwuchs, so wie auch ich mehr Undank als Dank erfuhr. Stets, auch schon früher hatte ich die Leute immer gern und mit Rat und Tat unterstützt, welches Zeugnis ich mir geben darf. Als nun nach dem Frühjahr 1848 die bäuerliche Bevölkerung, aufgestachelt durch schlechte Personen, den Zeitpunkt gekommen glaubte, von der Gutsherrschaft die Aufgabe wohl erworbener Rechte mit Gewalt erpressen zu können, rückten die Gutsangehörigen, besonders von Frielingen und Willingshain unter Anführung des damaligen nichtswürdigen Bürgermeisters Schmidt, während meiner