Pflanzenwelt des Memellandes

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Karte des Memellandes, seiner Kreise und Kirchspiele während der Abtrennungszeit 1920-1939

Seltenheiten

Im Memelgebiete gibt es eine ganze Reihe höchst seltener Pflanzen. Der Pflanzenfreund kann hier die interessantesten Entdeckungen machen. Auf der Nehrung, in der Umgebung Memels bis nach Bittehnen an der Memel hin kommt eine Pflanze vor, welche sonst nirgend mehr zu finden sein soll: das ist der flockige Bocksbart (Tragopogon floccosus); er ist ein Verwandter des Löwenzahns, wächst auf sandigem Boden und hat deshalb eine sehr tiefgehende Wurzel. Stengel und Blätter sind flockig-filzig. Sonst ist er dem allgemein verbreiteten Wiesenbocksbart sehr ähnlich.

In der Nähe der See gibt es mancherlei Pflanzen, die sonst nur in wärmeren Gegenden vertreten zu sein pflegen. Es wird angenommen, daß die Samen von solchen mit den Schiffen hierher gebracht worden sind. So wächst am Haffufer vor Strandvilla die morgenländische Zackenschote (Bunias orientalis); diese sieht von weitem wie wie Ackerhanf oder Hedrich aus. Den Namen hat sie von den stark gezackten Blättern. An dem Wege nach Strandvilla steht auch die strauchartige silberblättrige Oelweide (Elaeagnus argentea), ebenfalls ein morgenländisches Gewächs.

Eine Pflanze, die durch den Bahnverkehr eingeschleppt zu sein scheint, ist die quirlige Salbei (Salvia verticillata); sie wächst ganz vereinzelt am Bahndamm in der Nähe von Luisenhof; sonst ist sie nur in Westpreußen zu finden.

Eine sehr seltene Pflanze aus Westeuropa ist die Mondviole (Lunaria rediviva). Sie wuchs noch bis vor kurzem im Parke des Gutes Friedrichsgnade im Kreise Memel. Die Mondviole gehört zu den Kreuzblättlern; sie wird fast 1 m hoch, hat große herzförmige Blätter und schöne blaue Blüten.

Sodann haben wir im Gebiete noch einige Zierbäume ganz seltener Art. Im Park zu Königswäldchen finden wir den Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera); er gehört zu den Hahnenfußgewächsen, stammt aus Amerika und ist auch in China heimisch. Ganz eigenartig ist der Ginkgobaum (Ginkgo biloba); er schmückt den Garten der Konditorei Urban [1] in Memel. Der Gingkobaum besitzt eigentümlich geformte Blätter und steht auf der Mitte zwischen Nadelgewächsen und Laubbäumen. In Japan wächst er wild.

Eiszeitpflanzen

Nordische Linnäa

Zu den seltenen Pflanzen aus alter Zeit gehören: die nordische Linnaea (Linnaea borealis), die zu den Doldengewächsen zählende wunderbare Stranddistel (Erynginum maritimum) und die breitblättrige Glockenblume (Campanula latifolia). Diese treffen air auf der Nehrung an; sie ist im Aussterben begriffen, und es ist deshalb verboten, sie zu pflücken. Eine Eiszeitpflanze ist auch die zierliche Mehlprimel (Primula farinosa; sie blüht (rosa) noch recht häufig auf torfigen Wiesen; ihre Blattunterseite ist wie mit Farin bestreut (daher farinosa!)). Eine eigenartig würzigen Geruchverbreitet der Gagelstrauch (Mycica gale); er ist schon sehr selten; man findet ihn z.B. auf dem Tyrusmoor bei Prökuls. Weithin leuchten im Frühjahre die großen gelben Blumen der Trollblume (Trollius europaeus); sie schmückt noch das Dangetal und andere Stellen des Gebietes. Verschiedene Alpenpflanzen trifft man im Spätsommer an, wenn man das Gelände zu beiden Seiten der Bahn nach Bajohren absucht, so das schmalblättrige Tausendgüldenkraut (Erythraea linarifolia) und den Lungenenzian (Gentiana pneumonanthe). In derselben Gegend, auf der Palwe vor Försterei, findet man auch ganz unscheinbare altertümliche Farngewächse: die Mondraute (Botrichium Lunaria) und die Kamillenraute (Botrychium Matricariae). Auf den feuchten Wiesen bei Heydekrug gibt es noch recht häufig das Alpenwollgras (Eriophorum alpinum) und auf den Memelwiesen bis in den Kreis Pogegen hinein Fischers Hohlrippe (Cenolophium Fischeri). Bei Wischwill tritt das Gletscherrietgras (Carex irrigna) auf und bei Schmalleningken die bunte Kornwicke (Coronilla varia). Zu erwähnen wäre noch das gelbe Sonnenröschen (Helianthemum Chamaecistus) z.B. am Haffufer vor Strandvilla und das wilde Tausendschön (Bellis perennis), welches noch viele Stellen des Memelgebietes zu einem bunten Teppich macht.

Strandpflanzen

An der ganzen Ostseeküste des Memelgebietes wird der Naturfreund außer den genannten seltenen noch ganz charakteristische Strandpflanzen finden, so das Salzkraut (Salsola cali), den bläulichen Meersenf (Cakile maritima), den Stranddreizack (Triglochin maritimum), die Strandplatterbse (Lathyrus maritimus), den braunroten Ritter (Epipactis rubiginosa - ein Kanabenkraut) u.a.

Verschiedene Moor-, Feld- und Waldpflanzen

Die Moore werden neben den verschiedensten Moosen vorzugsweise mit der Krähenbeere (Empetrum nigrum), und den Moos-und Heidelbeeren (Vaccineen) bedeckt. Zwischen ihnen steht oft noch die schöne poliblättrige Gränke (Andromeda polifolia). Auffallend macht sich auf den Mooren auch hier und dort der Sumpfporst (Ledum palustre) breit; seines Geruches wegen benutzt man ihn zum Vertreiben der Motten und nennt ihn deshalb auch Mottenkraut. Zu unseren interessantesten Moorpflanzen gehören der Sonnentau (Drosera rotundefolia) und das Fettkraut (Pinguicula vulgaris). Beides sind nämlich tierfressende Pflanzen ; Mücken, Fliegen und kleine Käfer bleiben an einem auf ihren Blättern abgesonderten Stoffe kleben und werden ausgesogen. Diese Pflanzen trifft man auch auf sehr feuchten Wiesen an.

Auf den Wiesen des Memelgebietes werden uns im Frühlinge die verschiedensten Knabenkräuter (Orchideen) auffallen: da gibt es das Purpur-, Manns-, Salep-, Sumpf-, gefleckte, buntblättrige, fleischfarbene Knabenkraut u.a. In den Wäldern wächst häufig die wohlriechende zweiblättrige Platanthera (Platanthera bifolia); sie wird von armen Leuten gesammelt und auf den Märkten verkauft. Eifrig suchende Pflanzenfreunde werden in unseren Wäldern auch schmarotzende Knabenkräuter finden, so die Nestwurz (Neottia nidus avis) und die Korallenwurz (Coralliorhiza innata). Beiden fehlt die grüne Farbe; sie wachsen an dunklen, feuchten Stellen und ziehen ihre Nahrung aus den wurzeln grüner Pflanzen. Dasselbe gilt von der rötlichen Schuppenwurz (Lathraea squamaria) und dem Fichtenspargel (Monotropa hypopitys). Die Schuppenwurz wächst in Laubwäldern, z.B. in der Lapinischke und der Fichtenspargel in Nadelwäldern, so auf der Nehrung bei Sandkrug.

In den Gärten der einheimischen Bevölkerung wird noch häufig das "Altsitzerkraut" (Scopolia Carniolica) angebaut. Dieses ist ein giftiges Nachtschattengewächs, das vielfach dazu benutzt worden sein soll, die lästigen Altsitzer zu beseitigen. Auf den Kleefeldern der Besitzernfällt manchmal neben dem Weiß-, Rot- und Bergklee der braune Klee (Trifolium spadiceum) auf; seine rotbraunen Blütenköpfe schmücken die Felder wie leuchtende Kerzen. In den letzten Jahren sind wieder die Flachsfelder viel häufiger anzutreffen. Der Flachs oder Lein spielte früher in dem ganzen Volks- und Wirtschaftsleben eine viel, viel größere Rolle.

Aus diesen wenigen Andeutungen ist schon zu ersehen, wie reichhaltig die Pflanzenwelt unserer Heimat ist. Leider wird sie noch immer viel zu wenig beachtet. Wer es aber gelernt hat, in diesem interessanten Buche der Natur zu lesen, dem wird jeder Gang durch Feld und Flur noch einmal soviel Freude machen. Daher:

  • "Geh´ aus mein Herz und suche Freud´
  • In dieser schönen Sommerszeit
  • An deines Gottes Gaben!"

Weblinks

Seltenheiten

  • Flockiger Bocksbart [2]
  • Morgenländische Zackenschote [3]
  • Silberblättrige Ölweide [4]
  • Qirliger Salbei [5]
  • Mondviole [6]
  • Tulpenbaum [7]
  • Gingko [8]

Eiszeitpflanzen

  • Nordische Linnaea [9]
  • Stranddistel [10]
  • Glockenblume [11]
  • Mehlprimel [12]
  • Gagelstrauch [13]
  • Trollblume [14]
  • Tausendgüldenkraut [15]
  • Lungenenzian [16]
  • Mondraute [17]
  • Kamillenraute [18]
  • Alpenwollgras [19]
  • Fischers Hohlrippe
  • Gletscherrietgras
  • Bunte Kornwicke [20]
  • Gelbes Sonnenröschen [21]
  • Wildes Tausendschön [22]

Strandpflanzen

  • Salzkraut [23]
  • Bläulicher Meersenf [24]
  • Strand-Dreizack [25]
  • Strandplattenerbse [26]
  • Braunroter Ritter [27]

Verschiedene Moor-, Feld- und Waldpflanzen


Literatur

  • Meyer, Richard (Kreisschulrat in Heydekrug): Heimatkunde des Memelgebietes, Robert Schmidt´s Buchhandlung, Memel 1922, S. 40 ff