Schwedische Landmatrikel

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Vorgeschichte

Wenn man etwas zur schwedischen Landesaufnahme, entlang der Ostseeküste und Pommern sagen will, muß man sowohl vom Dreißigjährigen Krieg und dem Universalfriedenskongress, der zwischen den Kriegsparteien seit 1637 verhandelt wurde, aber erst im Dezember 1641 zum Präliminarfrieden in Hamburg führte, sprechen.

Als Literaturhinweis soll auf die Arbeit von Anja Victorine Hartmann: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken (2001): Von Regensburg nach Hamburg. Die diplomatischen Beziehungen zwischen dem französischen König und dem Kaiser vom Regensburger Vertrag (13. Oktober 1630) bis zum Hamburger Präliminarfrieden (25. Dezember 1641), Münster 1998 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 27), p. 742–744, hier ausdrücklich hingewiesen werden.

In Hamburg wurde Einigung über die Teilnehmer und die Orte der Verhandlungen erzielt. Weiter wurde einvernehmlich beschlossen, dass beide Verhandlungsstädte (Münster und Osnabrück), sowie die Verbindungswege zwischen ihnen, für entmilitarisiert erklärt wurden und alle Gesandtschaften erhielten freies Geleit.

Es dauerte weitere vier Jahre, bis es zu ersten Gesprächen in Münster und Osnabrück kam, gleichwohl dauerte es dann immer noch einmal drei Jahre ehe am 24.Oktober 1648 die Friedensverträge zwischen dem römisch-deutschen Kaiser Ferdinand III mit Frankreich und Schweden abgeschlossen wurden.

Vorbemerkung

Teilansicht Insel Hiddensee

Als Schweden durch den Westfälischen Frieden 1648 das westl. Pommern erhalten hatte, stand es vor der Aufgabe, die Wirtschaft dieser durch den dreißigjährigen Krieg verwüsteten Provinz zu beleben. Vor allem musste ein effektives Steuersystem geschaffen werden, dass die Verarmung der Bevölkerung und Veränderungen im Grundbesitz angemessen berücksichtigte.
Im Jahre 1692 entsandte Schweden acht Landvermesser nach Pommern um das gigantische Werk, einer vollständigen Landesaufnahme zu beginnen.

Die Landmatrikel

Die pommerschen Landstände widersetzten sich lange den schwedischen Vermessungsplänen, da sie befürchteten, stärker besteuert zu werden. Schließlich konnte sich aber die Regierung in Stockholm durchsetzen. Im Jahre 1692 entsandte sie 8 Landmesser nach Pommern. Wie es in der ihnen mitgegebenen ausführlichen Instruktion heißt, sollten sie:

„Mit aller möglichen accuratesse übers gantze Landt gepmetrice in eine vollkommliche Charta aller Sorten von Land nach deren rechten qualität und figur was nahmen die auch haben könnten, Äcker und Wiesen, Seen, Flüsse, Ströme und Bäche, Rusch und Busch (niederdeutsch: Binsen-Schilfdickicht), Moßar (Schwedisches Plural für Moore), höltzung und heyden, wege und stege, Grentzen und Scheidungen in Summa: eine genaue und vollkommliche Erdabreißung machen.“

Die Vermessungsarbeiten begannen 1692 im Raum Stettin, an der unteren Oder, auf Usedom sowie auf Wollin, wo sie sich bis in das nächste Jahr hinzogen. Es folgten 1693 Damm, Garz an der Oder und Teile des Anklamer Distriktes, 1694 Gollnow, der Wolgaster Distrikt und weitere Teile des Anklamer Distriktes, 1695 Rügen mit Hiddensee und das Wismarer Amt Neukloster, 1696 die Distrikte Stralsund und Barth, 1697 das Amt Verchen, die Distrikte Greifswald und Tribsees-Grimmen-Loitz, 1698 der größte Teil des Distriktes Demmin-Treptow, der noch nicht vermessene Teil des Anklamer Distriktes und weitere Teile der Herrschaft Wismar und der Insel Poel, 1700 die noch unvermessenen Teile des Amtes Neukloster, der Insel Poel und der Stadtfeldmark Wismar. In den Jahren 1703 bis 1705 erfolgte eine Nachvermessung (die sogenannte Revision), um die vielfach wieder in Kultur genommenen Ödäcker zu erfassen. Danach wurden in den Jahren 1705-1708 die größeren Städte Stettin, Anklam, Wolgast, Greifswald und Stralsund vermessen.

Ausgerüstet mit Messkette, Messtisch und Diopterlineal arbeiteten die Landmesser gewöhnlich von Anfang Mai bis Mitte Oktober im Freien, unterstützt von 1 oder 2 Gehilfen, wobei sie von einem Dorf, Ackerwerk oder Gut zum anderen reisten. Sie fertigten zunächst Feldrisse an, die als Grundlage für die sogenannten Urkarten dienten. In den Wintermonaten quartierten sich die Landmesser in den Städten ein und erarbeiteten dort Reinzeichnungen der Karten sowie Reinschriften der Beschreibungs- und Ausrechnungstexte.

So entstand nun ein großartiges kartographisches Werk von 1.746 erhaltenen handgezeichneten Karten (Urkarten, Reinkarten bzw. Kopien von Urkarten), deren Maßstab zumeist 1:8000, bei bewaldeten Gebieten auch 1:16000 betrug. Da im Laufe der Jahrhunderte das Papier der Karten geschrumpft ist, haben sie heute einen Maßstab von etwa 1:8120 wobei die Schwankungen zwischen 1:800 und 1:8300 liegen.

Von den genannten 1.746 erhaltenen Karten werden 1.455 im Landesarchiv Greifswald aufbewahrt, darunter auch die von mir hier vorgezeigte Urkarte der Insel Hiddensee, die mit einer Länge von 200 cm und einer Breite von 67 bzw. 31 cm zugleich die größte Karte des gesamten so genannten schwedischen Matrikelwerkes ist.

  • Die Universität Greifswald besitzt 127 Karten, die
  • Königliche Bibliothek in Kopenhagen 88 Karten und das
  • Reichsarchiv in Stockholm 75 Karten.

Eine Karte befindet sich auf Schloß Skokloster in Uppland, Schweden.

Die Aufgaben der Landmesser beschränkten sich jedoch nicht auf das Kartographieren., denn in der bereits genannten Instruktion heißt es, dass „auch mit größtem Fleiß und Sorgfalt die qualitet einer jeden Lande-Sorte Erde beschaffenheit observiert werden muss, wovon der Nutzen zu heben stehet, welchen ein solches Land abwerffen kann. Er sey entweder gut, mittelmäßig, klein oder keiner.“

Es sollten also auch die Qualität (hier: Bonität) der vermessenen Flurstücke sowie die von diesen jeweils erzielten bzw. zu erwarteten Erträge eingeschätzt werden. Entsprechende Angaben waren auch für Wiesen, Weiden, Hölzungen, Sümpfe, Fischteiche usw. zu machen.

Darüber hinaus waren alle Grenzen möglichst genau zu ermitteln, wobei die Besitzverhältnisse, mit Ausnahme des steuerfreien Kirchenbesitzes, in der Regel nur allgemein erfasst werden mussten.

Weiter waren die Verwaltungszugehörigkeit des jeweiligen Dorfes, oder Ackerwerkes, Gutes aufzunehmen, die Namen und Berufe der Einwohner (Hausvorstände) und deren steuerlichen Einstufung wie z.B. Bauer, Halbbauer, Kossat, und die Viehbestände, Gesinde, dann die Dienste, Abgaben und anderes mehr .

Die von den Landmessern durch Befragung der jeweiligen Besitzer, Pächter, Pastoren, Bauern oder anderer Bewohner, sowie durch Einsichtnahme in entsprechende Unterlagen gewonnenen Angaben wurden nach einem vorgegebenen Schema niedergeschrieben, das mit seiner Gliederung in Beschreibungen, Anmerkungen und Flächenberechnung, auch in den Ortsbeschreibungen der Insel Hiddensee erkennbar ist. Die Texte der Landmesser sind zumeist schwedisch geschrieben und liegen größtenteils in zweifacher Ausfertigung vor, nämlich einer vor Ort angefertigten Kladde oder Urschrift und einer Reinschrift.

Urschriften und Reinschriften wurden getrennt in Foliobände unterschiedlicher Stärke gebunden, von denen 74 im Landesarchiv Greifswald aufbewahrt werden. Zwei Reinschriftbände (Usedom und Wollin) befinden sich im Reichsarchiv Stockholm. Die Urschrift des Textes über die Insel Hiddensee, die im Juni 1695 von Oloff Spaak vermessen wurde, findet sich im Band 34, Folios 172-183, 405-410, die Reinschrift im Band 17, Folios 291-309.

Im Rahmen der bereits erwähnten Revisionsmessung erfolgte im August 1704 auch eine Revision Hiddensees, deren Ergebnisse in nur einer Niederschrift in Band 38, Fol. 183b-184, zu finden sind. Die hier vorgelegte Übersetzung der die Insel Hiddensee betreffenden Texte gründet sich auf die Urschrift. Im Kommentar wurden neben philologischen Fragen auch regional- und kulturgeschichtliche Gesichtspunkte berücksichtigt. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass wer sich eingehender mit der schwedischen Landesaufnahme befassen möchte, sei vor allem auf die Arbeit von Drolshagen 1920-3 verwiesen, die nach wie vor als Standardwerk zu diesem Thema gelten kann.