Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien/56

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Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien
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Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien.djvu
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       Br. „Das Gerücht von dem Dekret ist also von St. Petersburg und Bessarabien gekommen, Ihr habt es darauf nach Deutschland dem Lindl geschrieben, dieser wieder dem Jakob in der Schweiz, und von letzterem ist schon seit geraumer Zeit die Antwort hier. Unterdessen hätte das Dekret wohl fünf Mal von St. Petersburg nach Bessarabien kommen und publicirt werden können; aber bis heute[1] weiß, außer Euch, Niemand, weder hier, noch in St. Petersburg etwas von solchem fürchterlichen Dekret. Ihr habt also eine Lüge dem Lindl geschrieben, und Jakob, von welchem Lindl schreibt, er lebe im Centrallichte Gottes, — und der Heiland, der auf Euren Bericht dem Jakob den Separationsbefehl in die Feder dictirte, die haben die Lüge nicht einmal erkannt? Das kann unmöglich der wahre allwissende Heiland sein. Eure ganze Separation gründet sich also auf Lüge.“

       Auf diese offene gegenseitige Erklärung schien doch Vielen die Separation verdächtig und sie blieben oder traten zurück. Innerlich aber ordnete sich die Neue Kirche immer mehr. Jakob schickte ihr eine von ihm selbst verfaßte Agende mit Formularen für Taufe, Confirmation, Abendmahl, Gottesdienst, Hausandacht u. s. w., einen Katechismus, Liedersammlung und dgl. Die äußere Einrichtung für den Gottesdienst ist ein gewöhnlicher Tisch, altarförmig mit einem großen weißen Tuch bekleidet, auf dem ein ungefähr 1½ Fuß hohes Crucifix steht, davor die aufgeschlagene Bibel liegend, an dem der Vorsteher amtet. Die Hausandacht Morgens und Abends hat dieselbe Form, bei der der Hausvater den Priester macht. Getauft wird mit Wasser, und das heil. Abendmahl wird mit Hausbrod und Wein gereicht. Daß sie statt des Weines sollen Milch nehmen, ist eine Lüge. Die letzte Oelung (Jak. 5, 14) wird als Sakrament angesehen, und die obere Mutterkirche (Sal. 4, 26. 27), in welcher Maria, die Mutter Jesu, als erste Person dasteht, wird als Vermittlerin angerufen. Der Vorsteher hält seine Vorträge frei. Der Missionssache sind sie fremd und feindlich, und das in Folge von Jakobs Geisteseröffnung vom


  1. Auch jetzt, nach 20 Jahren, ist das Dekret noch nicht angekommen. Oder soll man darunter das im Dezember 1832, also 9 Jahre vor der Separation der evangelisch-lutherischen Kirche Allerhöchst gegebene Kirchengesetz verstehen, nach dem allerdings Privat-Versammlungen verboten, aber mit Bewilligung der geistlichen Oberbehörde zulässig sind?
    Der Berichterst.