Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien/59

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Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien
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Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien.djvu
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betrachten das schöne Band, das Wunderband. Es wird immer schöner; Sterne erscheinen auf dem Bande, Friede von sich strahlend. …Herr! hast Du denn gar nichts für Bessarabien durch meine Hand, soll bloß ein großer Brief, der viel Porto kostet, ohne Gehalt von mir abgeschickt werden?“ — Er: „Was siehest Du, mein Sohn?“ Ich: „Eine Baßgeige.“ Er: „Spiele darauf: Donner der Ewigkeit, lasset euch hören.“ Ich: „Herr, das ist mir ein unbekanntes Lied, das las ich noch in keinem Gesangbuch.“ Er: „Spiele nur, Ich lege Dir die Noten vor.“ Ein Kind bildet den Pult, es hält mir die Noten zum Spielen hin. Welch schöner Notenpult! lebendig, freundlich, wie nur Engel sein können. Das Kind: „Du sollst spielen.“ — Meine Baßgeige ist schön, neu, stark gebaut. Ich spiele. Kinder kommen aus der Erde hervor, welche durch den Ton meiner Geige in eine zitternde Bewegung gesetzt werden. Diese Kinder stehen auf dem Boden Rußlands, und dort ist es, wo ich spiele. Ich: „Was soll meine Geige in Rußland?“ Er: „Genug!“ —

       Heinrich Jahn besuchte 1844 wirklich seine Brüder in Bessarabien, richtete ihnen Schulen ein, zu denen ihm freilich die geeigneten Lehrer fehlten, und stumpfte unter ihnen selbst manche zu scharfe Kante ab; wurde aber im Juli 1845 vor die Kreis-Synode in Odessa zur Verantwortung gefordert und von der Regierung sofort des Landes verwiesen. Während die neue Kirche sich ordnete, fing sie auch schon an recht bittere Früchte zu tragen. Die Pastoren verweigerten den Neukirchlichen als Abtrünnigen die Begräbnißplätze, und man mußte ihnen eigene anweisen. Ihre Taufe, Confirmation und Copulation wurde weder von der alten Kirche noch vom Staate anerkannt. Durch Eh. Getraute wurden von der Obrigkeit als ungesetzlich Zusammenlebende auseinandergetrieben, und die Pastoren konnten nach dem Gesetz Niemanden trauen, der nicht evangelisch confirmirt ist und zu dieser Kirche gehört. Das junge Geschlecht der Neukirchlichen aber wuchs heran, die häuslichen Verhältnisse drängten, und war keine Aussicht noch Möglichkeit, als neukirchlich unter dem Schutz der Gesetze heirathen zu können. Es kamen einzelne Fleischessünden zum Vorschein, auf welche obrigkeitliche Strafen folgten. Unzufrieden mit diesen harten Verhältnissen, kehrten mehrere junge Neukirchliche zur alten Kirche zurück, um heirathen zu können; Jünglinge und Jungfrauen von 20–23 Jahren wurden confirmirt; ja es kamen Fälle vor, daß Verlobte Vormittags altkirchlich confirmirt,