Die Schulakte "Börner"

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<<<Papstdorf Die Schulakte Börner

Im Hauptstaatsarchiv Dresden befinden sich Dokumente der Schule zu Papstdorf aus der Amtszeit des Kirchschullehrers Börner. Darunter sind auch Akten zu seiner Privaterziehungsanstalt PETRINUM und die Akte „Klagen über Amtsvernachlässigung Börners auf Grund religiöser Ideen“.

Börner versuchte auf vielfältige Weise, für seine Idee einer Privaterziehungsanstalt zu werben. Zahlreiche Briefe an das Königliche Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichtes in Dresden zeugen von seinem Eifer und Ehrgeiz, aber auch von seiner festen Überzeugung, dieses Projekt verwirklichen zu müssen.

Nachdem ihm die Gründung seiner Privaterziehungsanstalt genehmigt worden war, brachte er sich immer wieder mit diversen Schriftchen, wie im Dezember 1868 mit „Der heilige Christ kommt“ und im August 1869 mit einem kunstvoll gezeichneten sogenannten Charakterbild mit frommen Sprüchen, im Kultusministerium in Erinnerung.

Mit seiner Erziehungsanstalt wollte es nämlich nicht so recht vorangehen, es fehlte an finanziellen Mitteln, aber auch an Schülern. Kinder aus armen und verwahrlosten Verhältnissen, die ursprünglich aufgenommen werden sollten, konnten kein Schulgeld zahlen und für ein „Rettungshaus für Kinder aus gebildeten Ständen“ gab es wohl keinen Bedarf. Außerdem wurde die Börner’sche Idee einer „christlichen, häuslichen Erziehung in Verbindung mit praktischer Arbeit“ mißtrauisch beäugt, nicht zuletzt vom Kultusministerium selbst. Schließlich nahm Börner 1870 vier Waisenkinder auf, darunter auch zwei Enkelkinder des früheren Papstdorfer Pfarrers Forbriger (Johanna geb. Soratroy, die spätere Ehefrau von Kantor Kindermann, und ihren Halbbruder Robert).

Schon 1871 hatte Börner eine neue Idee: nach Ende des deutsch-französischen Krieges wollte er „auf dem am Schandauer Wege gelegenen Bergrücken des Papststeines“ eine Friedenshalle errichten. Er bat den sächsischen Kronprinzen Albert, sie „Albert’s Hoffnung“ nennen zu dürfen und erhielt dessen Erlaubnis. Im August 1871 beklagte sich Börner in einem Brief an den Kultusminister Dr. von Falkenstein, dass ihm die Oberförsterei Cunnersdorf kein Land für den Bau der Friedenshalle zur Verfügung stellen will. Der Bau kommt nicht zur Ausführung.

1872 kämpfte Börner immer noch um die Anerkennung seiner Privaterziehungsanstalt. Er bat die Königliche Kirchen- und Schulinspektion in Pirna und Königstein, seiner Anstalt den Namen PETRINUM geben zu dürfen. Ferner bat er um die Erlaubnis, dass dort auch Gäste übernachten und beköstigt werden dürfen, die sich für sein Erziehungsmodell und sein Haus interessieren und es persönlich besichtigen wollen.

Nur wenige Tage später richtete er an den Kultusminister Dr. von Falkenstein in Dresden folgendes Gesuch: „Wenn um der Wichtigkeit der Sache willen, die der zum PETRINUM erhobenen Anstalt zur Aufgabe gestellt ist, daran gelegen sein muß, derselben zum kräftigen Gedeihen auch äußerlich die entsprechende Würde zu gewinnen, so wage ich es, hiermit den Wunsch unterthänigst auszusprechen......ob mir, der ich von dem unsichtbaren Herrn berufen zu sein glaube, mich als den Träger des PETRINUM ausweisen zu sollen, von der Huld Sr. Majestät, unseres allergnädigsten Königs das Prädikat „Erziehungsrath“ allerunterthänigst zu erbitten sein dürfte.“

Sein Gesuch um diesen Titel wurde umgehend abgelehnt. Am 22. August 1872 ordnete das Kultusministerium eine Schulvisitation in Papstdorf an, da dem Schulrat Dr. Bornemann „von achtbarer Seite Klagen über die mehr und mehr hervortretende Einseitigkeit des Unterrichtes und der erzieherischen Wirksamkeit des Kirchschullehrers Börner in Papstdorf zugetragen wurden, welche dessen Thätigkeit an der Schule als für die Schüler mehr nachtheilig denn als fördernd bezeichneten.“

Im Visitationsbericht vom 25.9.1872 wurde festgehalten: „Es sind diese Klagen durchaus berechtigt, da der Kirchschullehrer Börner voller unklarer Ideen und nicht ohne hochmüthige Selbstüberhebung sich mit den mannigfachsten Plänen herumträgt, wie er dem Reiche Gottes nützen und sich dabei zu Ehren bringen könne. Mit Ausführung dieser Pläne, unter denen die Anlegung einer Art von Rettungshaus oben ansteht, beschäftigt, hat er natürlich der ihm so nöthigen Vorbereitung für den Unterricht der Disziplin der ihm anvertrauten Kinder, seinem ganzen nächstliegenden Berufe sich nicht so widmen können, wie dies seine Pflicht gewesen wäre.“

Dennoch gab es die Empfehlung, Börner wegen seiner sehr guten pädagogischen Fähigkeiten und seiner Rüstigkeit vorerst im Amt zu belassen. Er sollte aber zusammen mit seinem Hilfslehrer Kötzern, mit dem er Reibereien hatte, einen ordentlichen Unterrichts- und Stundenplan erstellen und mit diesem zukünftig besser zusammenarbeiten. „Es ist zu erhoffen, daß, wenn der Kirchschullehrer Börner, wie er es bereits versprochen hat, alle Allotria liegen läßt und seine ganze Kraft und Zeit wieder dem Amte widmet, wenn er den Weisungen seines Landschulinspectors (Anm.: das war der Papstdorfer Pfarrer Gruner) folgt und mit dem tüchtigen Hilfslehrer Hand in Hand arbeitet, die Schule wieder ihren dem Gesetz entsprechenden Stand erreichen wird.“

Inwiefern sich Börner den Visitationsbericht zu Herzen nahm, geht aus den Schulakten nicht hervor. Bereits am 12. November 1872 schickte er dem Kultusminister Dr. von Gerber in Dresden eine „Begründungsgeschichte der gewünschten Verwirklichung seiner Idee einer Alberts Hoffnung“ und wies damit wieder auf seine geplante Friedenshalle hin.

Am 10. Oktober 1873 schrieb Börner an das Kultusministerium eine Petition „Die Alterszulage als Erziehungsäquivalent“, in welcher er Vorschläge „für ein auskömmliches Lehrergehalt“ machte. Auch in diesem Brief erwähnte er seine Friedenshalle, die aber nicht zur Ausführung gekommen sei.

Im Dezember 1873 wurde Börner die Emeritierung nahegelegt. Die Gründe dafür lassen sich nicht aus den vorhandenen Akten erkennen. Börner schrieb dazu in einem Brief vom 8.6.1874 an das Königlich Hohe Gesamtministerium in Dresden: „Nach Gottes unerforschlichem Rathe ist das Streben zur Belebung meiner Idee Ursache einer Demütigung geworden, die zu dem Ende meine Emeritierung zur Folge haben sollte.“ Im gleichen Brief ersuchte er um eine „Hülfsarbeiterstelle im evangelischen Landesconsistorium“, weil er sich seiner „Idee eines Friedensdenkmals unter dem Motto Sittlichkeit, Christentum und Erziehung in ihrer Einheit verpflichtet fühlte und ihm außerdem von dem Herrn, dem zu dienen er berufen bliebe, befohlen wurde, noch zu dienen."

Das Gesamtministerium übergab Börners Gesuch umgehend dem Cultus-Ministerium und Börner fühlte sich wohl gezwungen, zu rechtfertigen, warum er das Cultus-Ministerium übergangen hat. Er schrieb dazu am 16.6.1874: „Mit Freudigkeit darf ich es auszusprechen wagen, daß nur ein christliches Gewissen mich dazu getrieben hat; indem der Herr, dessen Kraft in den Schwachen mächtig ist, mir durch seinen Geist bezeugte, er wolle Gnade geben, daß ein juristisch und theologisch begabter Erzieher an der Hülfsarbeit theil haben solle, ob ein solcher auch nicht äußerliche Berufung dazu finden könne. Und weil ich in der Übung, Schlangenklugheit mit Taubeneinfalt zu verbinden, in einer vieljährigen Prüfungszeit bewährt gefunden sei, so ergehe sein Befehl an mich, dieses Gesuch zu wagen. Es solle diese Bewerbung der Weg sein, auf welchem er die Königliche Staatsregierung und das Hohe Kirchenregiment erkennen lassen wolle, wie die Alberts Hoffnung und das mit dieser innig harmonierende PETRINUM ein Werk sei, welches er selbst angefangen habe und das er nach seinem Willen auch zur Vollendung führen werde. Am heiligen Christabend des vorigen Jahres, zu welcher Zeit die Weisung unwiderruflich an mich herantrat, um meine Emeritierung nachsuchen zu müssen, konnte ich noch keine Ahnung haben, daß mir Veranlassung werden solle, dieses Gesuch zu wagen. Meine Gedanken wurden damals, um meiner zahlreichen Familie willen, darauf gerichtet, in bescheidener Weise abzuwarten, ob nach erfolgter Emeritierung der hiesige Schulvorstand die Königliche Schulinspection ersuchen werde, mir die interimistische Verwaltung der Hülfslehrerstelle gütigst anzuweisen. War um des Gewissens willen meine Stellung zur Unmöglichkeit geworden, so hätte ich mich gern ergeben, den Dienst dessen noch verwalten zu dürfen, der begründeten Vermutungen nach im Jahre 1872 mein Amt begehrt hat, und welcher, falls seine zuversichtliche Hoffnung gegenwärtig nicht erfüllt werden sollte, einer gnädigen Versetzung gewärtig sein dürfte. Leider stellte es sich vor Kurzem heraus, daß meine Hoffnung auf diese gewünschte Tätigkeit nach meiner Emeritierung nicht erfüllt werden soll. Wie wollte ich Gottes Gnade preisen, wenn mir von dem Königlichen Hohen Cultus-Ministerium die huldvolle Weisung zu theil würde, nach erfolgter Emeritierung der in meinem unterthänigsten Gesuch ausgesprochenen Idee die noch übrige Zeit meines Lebens ganz zu widmen. Ich würde über dieser gnädigen Weisung auch den Trost haben, daß mir dadurch das zur Erhaltung meiner zum Theil noch kleinen Kinder Nöthige völlig ausreichend zufallen werde.“

Dieser Brief zeigt, dass Börner durch seine frühe Emeritierung wohl befürchtete, kein ausreichendes Einkommen mehr zu haben. Er enthält außerdem die Andeutung, dass der damalige Hilfslehrer Kötzern vermutlich 1872 seine Stelle übernehmen wollte. Vielleicht hatte auch Kötzern aus diesem Grund damals die Mißstände dem Schulrat gemeldet. Auch in diesem letzten Brief der Schulakte hatte Börner es nicht versäumt, auf die Idee seiner Friedenshalle Alberts Hoffnung und seine Erziehungsanstalt PETRINUM hinzuweisen.

Johann Karl Gottfried Börner starb am 27.11.1875 in Papstdorf mit nur 58 Jahren laut Totenschein an "Marasmus senilis", Altersschwäche. Er wurde am 30.11.1875 auf dem Friedhof zu Papstdorf beigesetzt, wo sein Grab noch bis ca. 1935 bestanden haben soll. Er hatte mit seiner Frau Henriette Wilhelmine geb. Veit 18 Kinder, wovon mindestens 9 Kinder bereits in jungen Jahren verstarben.

Erika Carstens, Oktober 2014

Quelle: Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 11125 des Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts, Nr. 00721, 00722 und 12144 (1835 bis 1874)