Hamm-Bossendorf/Volksbräuche

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Volksbräuche

Heischebrauch: Pingstebruet

Pingstebruet 1957:Einkehr beim Hof Kösters im Feld in "Hämmken"

Dieser Brauch wurde nach dem 2. Weltkrieg zumindest noch in den Bauerschaften Hamm und Herne gefeiert. Obwohl von der „Pfingtbraut“ die Rede ist, wurde in diesen Bauerschaften der Braut auch ein Bräutigam zur Seite gestellt und Mädchen und Jungen zogen gemeinsam von Haus zu Haus um Eier und Süßigkeiten zu erheischen. Dabei wurden Braut und Bräutigam auf einem mit Maien geschmückten und oft mit einem Halbreifen bekränzten Handwagen im Geleitzug durch die Nachbarschaft von Haus zu Haus gezogen um "Brautspenden einzusammeln".

Vor jeder Haustür wurde gemeinsam das Liedchen gesungen:

Pingstebruet 1957:Auffahrt der Pingstebrut.

“Pingstebruet is upgestaohn.
Se wull wall giärn nao Bedde goahn.
Een Ei, dat schad öer nich,
Twee Ei`, dat batt öer nich,
Fiefentwintich an een Disk,
dann weeet de Bruet wat sorgen is.
Hebt it noch wat föer de Pingstebrut?
Laot us nich so lage staohn,
wie wüll`t noch ´n Hüsken widder gaohn!

Wurde nicht gleich geöffnet, wurde mehrfach gesungen. Als Dank für die gute Gabe wurde beim Abzug eine Handvoll Grün mit Blüten auf die Türschwelle gestreut. Da auch Eier als Gabe abgegeben wurden, hatten die Kinder auch Körbe mit, welche zur sicheren Aufbewahrung der Eier mit Häckselstroh ausgelegt waren. Erschien die Brautspende zu gering, wurde aus dem Korb eine Handvoll Häckselstroh in die „Gute Stube“ des schlechten Spenders geworfen.

Am Nachmittag wurden dann die „erheischten“ Gaben auf einer Deele, Tenne oder in einem Schuppen, welcher tags zuvor mit Maien (jungen Birken) und bunten Bändern geschmückt worden war, bei Kuchen und Lomonade verzehrt. Danach gab es Spiel und Spaß bis in die Abendstunden.

Pingstebruet in Herne 1948: Fini Overhoff und Nachbarssohn Willi Albers

Herbstliches Laternenfest

Im Spätherbst am St. Martinstag (11. Nov.) wurde in Hamm-Bossendorf in den Nachbarschaften ein Laternenumzug durchgeführt. Zu diesem Zweck höhlten die Kinder eine Runkelrübe so aus, das nur eine dünne Wand stehen blieb. In diese Wand schnitt man nun ein Gesicht mit Augen, Nase und Mund oder andere Muster. Die bearbeitete Runkel wurde mit Draht an einem Stock befestigt oder auf einen Stock gesteckt. So wurde die Laterne, wenn es dunkel war, vor sich hergetragen. In der Runkel war eine brennende Kerze aufgestellt, so, dass das eingeschnittene Gesicht furchterregend erstrahlte. Es ähnelte so den Halloween-Kürbissen. Beim anschließenden Umzug wurde folgendes Liedchen wiederholt gesungen:

“We will met us Kümmel-Kümmelken gaon,
De mot us `ne Kiärte daon.
Kinnerkes kommt men hiär,
Lange Diärn is de wiär,
Kinnerkes bliew`t men daor,
is jo gaornix van waor!“

Von Haustür zu Haustür ziehend wurde so Gebäck, Obst oder andere Leckereien von den Kindern zum Naschen eingeheischt (eingesammelt).

Hochzeitsbräuche

Nach der kirchlichen Trauung in der Pfarrkirche zu Hamm fanden die Familienfeiern auf der Hofstätte statt. Nach altem Volksbrauch wurde die einheiratende junge Frau vom Schwiegervater durch die Tennentür in ihr neues Heim eingeführt. Die Tenne wurde hergerichtet für das Festessen und den gemütlichen Teil des Festes.

An den Hochzeiten pflegte die ganze Nachbarschaft oder Dorfgemeinschaft Anteil zu nehmen. Die Nachbarn schenkten einen Korb mit einem Schinken, einem Huhn und anderen Lebens­mitteln. Die Aussteuer der Braut wurde am Tag vor der Hochzeit im Brautwagen zu ihrer neuen Wohnung gebracht in Begleitung der Nachbarsfrauen. Vorn auf dem Wagen war ein Besen befestigt, an den ein Hahn angebunden war, der vorher mit Alkohol möglichst "krähselig" gemacht worden war.

Nach einem weiteren alten Brauch wurde das Braut­paar am Hochzeitstag schon in aller Frühe von der männlichen Dorfjugend m1t Böllerschüssen aus dem Schlafe geweckt. Während des Gottesdienstes wurde das Schießen unterbrochen, um aber gleich darauf fortgesetzt zu werden.

Gästebitter

Ein Gästebitter in Westfalen hatte die Aufgabe, die gewünschten Gäste zur Hochzeit einzuladen. Dies war in erster Linie die traditionell festgefügte Nachbarschaft und ebenso die im Kirchspiel wohnende Verwandtschaft mit dem zugehörigen Gesinde.

1957 Hochzeit Adolf Grawe, Kartenspieler: Die Nachbarn Köster, Köster, Rohmann

Hochzeit und Kartenspiel

Wie sagte doch der Gästebitter bei der Überbringung der Einladung:

"Well dat danßen nich met will dohn,
kann ganz giärn hen karten gaohn."

Und so geschah es aus Tradition: Das war in den älteren Zeiten als Kartenspiel "Schafskopp", später auch "Doppelkopp" und dann zunehmend das Skatspiel. Zunächst war das Kartenspiel in allen Varianten eine Männer Domain, als dann aber das Doppelkoppspiel sich immer mehr durchsetzte und nicht immer genügend Männer zur Verfügung standen, aber man dazu 4 Personen benötigte, gelang es manchmal auch Frauen dafür zu begeistern. Zur Förderung der Ernsthaftigkeit des Spiels wurde in den 50rt Jahren des 20. Jahrhunderts um 1/10 Pfennig gespielt, in den 70er Jahren war es dann schon 1/4 Pfennig.

Gebehochzeit

Nicht jedereiner konnte zu jederzeit mit der Nachbarschaft seine Hochzeit wie üblich feiern, kam solch eine Situation auf, wurde eine "Gebehochzeit" gefeiert. Zu diesem Anlaß wurde eine freiwillige Umlage erhoben, so 1797 in Sickingmühle zur Hochzeit des Schulte. Es gaben:

  • Joseph Genius in der Silvert 2 Kronthaler
  • Wilde zu Sickingmühle 1 Kronthaler 15 Stüber
  • Große Bley zu Sickingmühle 1 Kronthaler
  • Ohligmüller zu Sickingmühle 1 Kronthaler
  • Weßels zu Sickingmühle 1 Kronthaler 15 Stüber
  • Haddick zu Sickingmühle 1 Kronthaler 15 Stüber
  • Joh. Theod. Albers zu Sickingmühle 1 Kronthaler 17 Stüber
  • Baurichter zu Sickingmühle 1 Kronthaler 15 Stüber
  • Amerkamp zu Sickingmühle 1 Kronthaler 15 Stüber
  • Schlotjunker zu Sickingmühle 1 Kronthaler 15 Stüber
  • Baumeister zu Sickingmühle 1 Kronthaler
  • Adolph Baetem zu Sickingmühle 1 Kronthaler
  • Reuter zu Sickingmühle 1 Kronthaler 30 Stüber
  • Joh. Theod. Kläsener zu Sickingmühle 1 Kronthaler 30 Stüber
  • Fanstige zu Sickingmühle 1 Kronthaler 30 Stüber

Tanzkurse

Im 20. Jahrhundert tanzte mann bei den Hochzeiten zwar noch Polka und nach der Melodie "Wenn de Vader met de Moder nao` de Hochtieg geith - heijoh - kiek es dao....", aber wer Erfolg bei den jungen Mädchen der Dorfjugend haben wollte, mußte modernere Tänze (beherrschen) erlernt haben. Dies erkannte recht früh im 20. Jahrhundert der Gastwirt Wilhelm Albers und stellt im Saal seiner Gastwirtschaft in Marl Herne ein automatisches Klavier der Marke "Hubfeld" auf, dessen Walzenwerk verschiedene Melodien über einen Münzautomaten lieferte. Die Tänze brachten sich die Mädchen zunächst selber bei, welche dann die mühsam angeeigneten wenigen Tanzschritte den unlustigen Brüdern weitergaben. Das Radio (ein Volksempfänger) erweiterte nach und nach das Angebot. Das Kennenlernern der Geschlechter und Anstandsregeln in der Gesellschaft und in der Öffentlichkeit wurden dann auch in Tanzkursen vermittelt, Voraussetzung noch um 1960: Mindestalter 18 Jahre.

Zur Fastnacht

Ältester Nachweis

Kornempfangsregister 1740 März auf 17. (Donnerstags, auf Haus Ostendorf): Dem Rüther über die Lippe, ihr behufs Vicari Daldrup 1/2 Aniser - Brandwein, sofern gyso den hat, per sofort und für die Domestigenen auf Fastabend den Brandwein zu Findwerk (fettes Beiwerk) , intaubt 16 1/2 Kannen, per Kanne 11 Stüber, geliefert, gezahlt 4 Scheffel Roggen, per Scheffel 40 Stüber gezahlet.

Kegelbahn

Als ein Ort der Kommunikation für Männer, aber auch für "Jünglingsvereine", war um 1900 die Kegelbahn in der Gastwirtschaft Albers zugänglich. Sie befand sich in einem überdachten Holzschuppen hinter dem Hause.