Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/121

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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie
Inhalt
Vorwort | Einleitung
Erster Theil: Kap. 1234
Zweiter Theil: Kap. 1234
Dritter Theil: Kap. 123456
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Drittes Capitel.




Der Inhalt der Stammtafel.

      Ueber den stofflichen Inhalt der Stammtafel war man in verschiedenen Epochen der Vergangenheit und selbst bei verschiedenen Völkern sehr verschiedener Meinung. Das individuelle, gesellschaftliche und wissenschaftliche Bedürfnis war nicht immer dasselbe bei der Aufstellung von Stammbäumen. Bei den alten Völkern überwog das Stammes- und Familienbewußtsein. Der Stammbaum wollte eigentlich nur die Geschlechts- und Familienzusammengehörigkeit in Betreff eines bestimmten Individuums feststellen. Die ältesten Genealogieen beschränkten sich auf den Nachweis von Zeugungen in einer einzelnen Reihe und als selbstverständlich gilt es fast bei allen alten Völkern, nur die männlichen Descendenzen in Betracht zu ziehen. Auch in den älteren Zeiten der neueren europäischen Völker bieten die Stammbäume nichts, als die direkten Abstammungsreihen, wobei es zunächst als nebensächlich betrachtet werden darf, wie, viel Sicherheit den Ueberlieferungen derselben beizumessen ist. Die ost- und westgothischen Königsstammbäume. wie die spätfabricirten Stammbäume von Franken, Tschechen, [1]


  1. Die Stammbäume bei Jordanis und Cassiodor können ohne Zweifel neben den Stammbäumen der Bibel als Stammregister bezeichnet werden; sehr merkwürdig ist die Genealogie des falschen Hunibald, wo man die Gelehrtenfabelei sofort bemerkt, während die Fabeleien von Cosmas, vom anonymen Notar, und von Kadlubek Tendenzen zeigen; alle haben aber nur erst das Bedürfnis Stammreihen nicht eigentlich Stammbäume zu verfassen. Das Familienbewußtsein, welches den vollendeten Stammbaum hervorbringt, entwickelt sich weit später. Für Kulturhistoriker wäre also die Frage so zu stellen: Seit wann gibt es ein Familienbewußtsein in indirekten Linien? Viele solcher Fragen warten einer sachgemäßen Behandlung.