Mistroggen

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Die Lebensumstände im lokalen und regionalen Bereich mit den natürlichen und kulturellen zeitlichen Gegebenheiten geben Hinweise zur Anlage von Biografien unserer Vorfahren in der jeweiligen Generation. Land und Leute in ihrer Zeit, ihre Siedlung, Sprache, Kirche, und die Vernetzung ihres Lebensraumes. Kurzgefasste Informationen mit Grundlagen für notwendige Einblicke finden sich u.a. (Ackerbürger) im Deutschen Städtebuch ...

Hierarchie: Regional > HRR > Historische deutsche Staaten > Lebensumstände > Dorfwirtschaft > Landwirtschaft > Mistroggen

Name

  • Vorkommen: 17. Jahrhundert, Münsterland, Vest Recklinghausen

Wortbedeutung

Roggen stellte historisch den größten Anteil der Kornerzeugung in Deutschland. Mistroggen konnte um 1600 und danach nur auf einem Feld wachsen, welches (ausnahmsweise) vor dem pflügen, eggen, säen und walzen ausreichend mit Mist aus Plaggenstrich und Tierdung gedüngt wurde.

Üblich war zu dieser Zeit die Mehrfelderwirtschaft ohne Düngerzusatz. Bei einseitiger Fruchtfolge waren die Felder, auch bei Mergeleinsatz, zunehmend unfruchtbar oder ausgelaugt

Der ungedüngte Roggen wird von der Mitte bis Ende September gesät, während der gedüngte Roggen von Anfang Oktober bis Weihnachten gesät werden kann.

Mist und Dung

Im Münsterland sind in den erhaltenen Markenprotokollen noch die zur Plaggenmahd berechtigten Markgenossen festgehalten. Nur sie hatten das Recht in der jeweiligen Mark Plaggen aus den Heide- und Waldböden abzustechen und in den Schaf- und Haustierställen als Einstreu zu benutzen. Die Menge des Plaggenstichs war nicht auf Hofgrößen begrenzt.

Die im Stall mit tierischen Ausscheidungen angereicherten Einstreuböden wurden später wieder ausgebracht und auf den Feldern als organischer Düngern eingesetzt. In den in Westfalen früher üblichen Tiefenställen konnte dies Verfahren durchaus zu Problemen in der Tierhaltung und der häuslichen Gesundheitshygiene (z.B. Brunnenwasser, Distanz Brunnen-Stall) führen

Noch um 1790 hörte man überall in Westfalen Klagen über den Mangel an Dünger in der Landwirtschaft als allgemeine Landplage. Dies hatte dazu geführt, dass viele Kleinbauern und Kötter über das Jahre 1/3 ihrer Äcker (Dreifelderwirtschaft), und selbst der Bauern auf dem Mergelgrund und Kley als Markgenossen viele iherer Ländereien brach und dreisch zur Erholung liegen ließen. Auch auf dem Sandland sieht man es an dem mageren Korn.

1782 kannte man, bezogen auf den jeweiligen Saateinsatz, über alle Bodenarten hinweg zumindest 3 Ertragsklassifizierungen:

  • gut
  • mittelmäßig
  • schlecht

in den unterschiedlichen Aussaaten für Korn (Roggen, Mengkorn, Weizen), Gerste, Hafer, Buchweizen, Klee, Wicken,Erbsen, Flachs, Raps, Rüben und Spöri.

Hofstandardwerte

An den Viehbeständen und der Viehhaltung auf dem Hof und den Markenrechten (Mastrechte, Plaggenmahd), so wie dem Fruchtanbau (Kornarten, Klee, Wicken, Erbsen, Bohnen, Spöri und Rüben, hinzu kam in Preußen ab etwa 1750 in der Fläche die Kartoffel) lassen sich die Möglichkeiten der Düngererzeugung vermuten.

  • Merkspruch: Ohne Vieh und Spreu kein Mist, ohne Abtritt oder Grube keine Jauche.

Mit der Aufteilung der Marken im ausgehenden 18. Jhdt. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts entfiel deren gemeine Nutzung als wesentliche Grundlage der Schafzucht. Mir der Abschaffung der gewohnten Schafherden, besonders in den Heide- und Sandgebieten, entfiel die Düngerproduktion in den Schafställen.

Kriegsverluste beeinträchtigen Düngung

Wenn wie im Holländischer Krieg (1672-1679) alleim im Jahre 1673 z.B. der Bauer Große Bley neben den Saatkornverlusten einen Verlust an Vieh erlitt von:

  • 2 Pferden - eins von 3 und eins von 4 Jahren
  • 70 Schafen (gesamter Bestand)
  • 5 jährigen Schweinen (fast gesamter zeitlicher Bestand an Mastschweinen),

kann man in etwa erahnen, dass in den Folgejahren eine Düngung der Ländereien zunächst überhaupt nicht und später nur nach und nach, mit der erfolgreichen Nachzucht der verlorenen Viehbestände, möglich war. Solche Verluste ließen sich nur über Generationen ermöglichen, wenn nichts dazwischen kam; aber es kam immer wieder etwas dazwischen!

Zeitliche Preise

  • Holländischer Krieg (1672-1679), 1673 Schadensliste: 4 fuder (ungedroschen) Mistroggen ad 4 Rt

Quelle

  • Bruchausen, Anton: Anweisung zur Verbesserung des Ackerbaus und der Landwirthschaft des Münsterlandes (1790)
  • Stratmann, Bodo: u.a. Markenprotokolle Lippramsdorfer Mark, Hülsberger Mark

Weblinks

Zeitlich, regionale Begrifflichkeit

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