Schulwesen im Münsterland

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1816: Der Schulbetrieb sollte möglichst nichts kosten! Die Lehrer außerhalb der Städte mußten noch im Fürstbistum Münster ihren Unterhalt neben dem Unterricht selbst verdienen. So wurden gerne Handwerker oder Tagelöhner zum Schuldienst verpflichtet. Deren Vorbildung war eher recht und schlecht. Häufig war der Schulmeister auch Kirchenküster, zumal der Pfarrer regelmäßig die inhaltliche Aufsicht über den Schulbetrieb hatte. Der Kirchenküster hatte also nicht nur die Kirchendienste zu betreuen und die Orgel zu spielen, er war auch Laufbursche des Pfarrers. Dazu Stratmann: Im Prinzip änderte sich in Preußen nichts: In den Elementarschulen wurden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts menschliche Ersatzteile für Manufakturen und die Industrie ausgebildet!

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Elementarschulen

Die Einführung in die Anfangsgründe der Schulwissenschaften erfolgte im 18./19. Jahrhundert in Elementarschulen. Hier bezog sich der Elementarunterricht aber nur auf die Erlernung der hochdeutschen Muttersprache, die Buchstabenkenntnis, die Silbenbildung (Syllabieren), das Buchstabieren, Lesen, die grammatische Richtigkeit im Sprechen und Schreiben; auf die Schreibkunst mit dem Griffel, das Schönschreiben mit der Feder; die Rechnenkunst auf der Tafel und das Kopfrechnen ohne Niederschreiben der Zahlen, und allenfalls auf die Zeichenkunst; ferner auf Religion und Moral.

Elementarschulen der letzteren Art waren auch die niedern Bürger= und die Landschulen. Die Elementarschulen unterschieden sich in

  • Hauptschulen, welche von einzelnen Ortschaften aus eigenem Antrieb mit behördlicher Genehmigung errichtet und unterhalten wurden
  • Nebenschulen, auch genannt Außen-, Filial- oder Bauerschafts-Schulen. Diese zählten wie die Orts- oder Dorfschulen zu den Hauptschulen, da sie denselben Lehrplan hatten. Solche Schulen wurden beispielsweise dann errichtet, wenn die Kinder die Ortssschule aus einem Teil des Schulbezirks nur schwer erreichen konnten oder wenn diese überfüllt war. Auch sie verfügten über eigene Schulgebäude und nahmen eine gesicherte Stellung ein. Da Nebenschulen ein vergleichsweise kleines Einzugsgebiet mit in der Regel wenigen Kindern hatten, waren die Gebäude entsprechend klein und verfügten meist lediglich über ein Klassenzimmer, oft nur einen einzigen Raum im Haus des Schulmeisters (Küster). [1]

Unterschiedliche Lehrerausbildung

Bernhard Overberg, von 1780-1783 Kaplan in Everswinkel, wurde er 1783 vom Generalvikar Franz von Fürstenberg zum Leiter des Elementarschulwesens berufen, der von den Landständen aus Steuermitteln besoldet wurde. 1783/1784 unternahm er Schulvisitationen im Niederstift Münster (d.h. in den Ämtern Meppen, Cloppenburg und Vechta), um Grundlagen für die zielgerichtete Verbesserung des Unterrichts zu erheben; das Niederstift war dem Generalvikar direkt unterstellt, während im Oberstift (dem heutigen Münsterland) die Aufsichtsrechte der Archidiakone aus dem Domkapitel zu beachten waren. 1784 Beginn der "Normalschule", wo Overberg alljährlich bis 1826 in dreimonatigen Kursen Lehrer aus- und weiterbildete. Durch ein System von Gehaltszulagen für die Absolventen seiner Kurse wurde zugleich das Leistungsprinzip bei der Lehrerbesoldung eingeführt.

Da die Anforderungen an die Lehrer an Haupt- und Nebenschulen noch 1820 im Regierungsbezirk Münster unterschiedlich war, erfolgten auch die Examen der der Schulamtspräparanden nach unterschiedliche Kriterien. Die Wahlfähigkeit der erfolgreich examinierten Lehrer galt damals für 3 Jahre, und zwar

  • erhielten schon wirklich angestellte Lehrer an Haupt- und Nebenschulen, welche sich dem Examen unterwarfen, eine Approbation zunächst auf weitere 3 Jahre
  • wurden examinierte Schulmeister oder Lehrer für Haupt- und Nebenschulen für 3 Jahre für wahlfähig erklärt
  • wurden ebenfalls examinierte Schuluntermeister oder Hilfslehrer für Haupt- und Nebenschulen für 3 Jahre für wahlfähig erklärt

Schriftduktus für Westfalen

Um 1800 und bis in das 20. Jahrhundert hinein, war die gewöhnliche Umgangssprache in Westfalen, zumindest auf dem Lande, die lokale niederdeutsche Mundart. Von daher versuchte man in Westfalen über die Elementarschulen den Ausdruck des Gesprochenen (Sprechübungen, Bustabieren, Syllabieren, Lesen) oder Geschriebenen über das Hochdeutsch im Sprachstil zu vereinheitlichen und die Art zu sprechen, zu reden und zu schreiben auf ein vergleichbares Niveau zu heben.

Beim Austausch oder der Übertragung von Informationen waren sowohl zeitliche und lokale stilistische Elemente, wie Begrifflichkeiten, Wortwahl und Satzbau, als damals auch besondere Dialekt­einflüsse zu beachten. Von daher bedurfte die Aussprache, Intonation und andere Spracheigenschaften einer besonderen Pflege, auch über die Elementarschule hinaus. Dazu wurden auch für den Schulunterricht der Abschlußklassen entsprechende Anleitungen und Vorlagen für Aufsätze und den Schriftverkehr entwickelt.

Lese- und Schreibübungen erfolgten nach einheitlichen Vorlagen in lateinischer Schrift und deutscher Kurrentschrift, um 1800 entstanden erste Sprach- und Rechtschreibungslehren für die folgenden Klassen der Elementarschulen. Da entsprechende Drucke im damals üblichen Frakturdruck um 1810 nicht ausreichend vorhanden waren, ließen die in ersten in Lehrerseminaren ausgebildeten Lehrer die Schüler der Abschlussklassen diese Rechtschreibregeln nach und nach in ihren Aufsatzheften abschreiben.[2].

Das Königliche Provinzial-Schulkollegiun für die Seminare der Provinz Westfalen erstellte einen eigenen Schriftduktus für den Schreib- und Leseunterricht in der Elementarschule. Gustav Butz aus Hagen (Westfalen) wurde im 19. Jahrhundert Herausgeber einer entsprechenden Fibel, welche in mehreren Auflagen erschien und verbreitet wurde. Als Autor und Gestalter kann ebenfalls Gustav Butz vermutet werden. Die Fibel wurde in der 8. Auflage gedruckt und verlegt im Schulbuchverlag des August Bagel in Düsseldorf. [3]. Diese Fibel eignet sich, in Verbindung mit der Sprach- und Rechtschreibungslehre, in bearbeiteter Form auch heute noch hervorragen zum Erlernen der Fraktur- und deutschen Kurrentschrift.

Archive: Schulwesen im Fürstbistum Münster

Schulamtspräparanden

Überfüllte Schulen, enormer Nachholbedarf aufgestaut

1862: In einem Zeitraum von 24 Jahren hatte sich die Zahl der öffentlichen Elementarschulen im beispielsweise im Kreis Ahaus von 45 auf 55, mithin um 10 vermehrt. Gleichzeitig wurde wegen anhaltender Überfüllung von Elementarschulen noch eine weitere Vermehrung derselben erforderlich, wozu 1862 "Vorbereitungen" auch bereits getroffen waren. Durchschnittlich kamen 1862 auf eine Schule 111 Kinder, es entfiel damit auf 110 Kinder eine Lehrperson (Tabelle). (So wurde vor 1862 konservative Lebensvorbereitung entwickelt, nämlich die Reproduktion bestehende Verhältnisse).

Unterichtserweiterung in der Elementarschule

1862: Der Untericht in der Elementarschule umfaßte im Regierungsbezirk Münster die zeitlichen gewöhnlichen Elementargegenstände (Religion, Lesen, Schreiben, Rechnen). Daneben wurde den Knaben auch die technische Unterweisung in der Obstbaumzucht (wenn schon ein Schulgarten vorhanden war) beziehungsweise aber besonders den Mädchen in Handarbeiten erteilt. Maßgebend war die von der königlichen Regierung unterm 20.07.1831 dazu erlassenen besonderen Instruktionen. Die Einführung des Turnunterrichts (auf dem Schulhof, soweit vorhanden) war in Vorbereitung begriffen.

Bezüglich des öffentlichen Elementarschulwesens galt 1862 für die katholischen Schüler im Regierungsbezirk Münster weiterhin die Münstersche Schulordnung vom 02.09.1801 und neben derselben die allgemeine Preußische Schulgesetzgebung. Die danach bestehende Schulpflicht (bei eingeschränkter Präsenzpflicht) wurde überall nach Aussage des Landräte gewissenhaft gehandhabt (da der damals "gewöhnliche" Schulbesuch erfolgte).

Weibliche Handarbeiten

Ab 1872 wurde das weibliche Handarbeiten in preußischen Volksschulen zum Pflichtfach. Auch der Ausbildung der Lehrerinnen, die ab 1875 eine staatliche Prüfung ablegen mussten, wurde nun ein größerer Stellenwert beigemessen.

Schulvorstand

Mitte des 19. Jahrhunderts stand jeder Schule ein Schulvorstand, bestehend aus dem Pfarrer, dem Patron, wenn ein solcher vorhanden und dem ersten Gemeindebeamten als zuständigen, so wie einige Mitglieder der Schulgemeinde als wechselnden Mitgliedern vor.

Die Rechte und Befugnisse der Orts-Schulvorstände waren in einer unterm 06.11.1829 von der Königlichen Regierung in Münster erlassenen besonderen Vorschrift näher festgestellt worden (Amtsblatt von 1829 S. 513). Dem Wirkungskreis des Schulvorstandes unterstand demnach vorzugsweise die äußeren Angelegenheiten der Schulanstalt; für die Wahrnehmung der inneren Angelegenheiten waren Schulinspektoren angeordnet, welche als Kommissarien der Königlichen Regierung diejenige Aufsicht führen, welche dem Staat über die Schulen zustand.

Schulpflicht, Einschulung, Entlassung

Das Alter der allgemeinen Schulpflichtigkeit der Kinder begann nach der Amtsblattsverordnung vom 17.05.1828 S.193 in den Städten und in den geschlossenen Dörfern vom vollendeten sechsten, in gestreut liegenden Ortschaften, wo die Kinder zu weit von der Schule entfernt wohnten (wobei die Feststellung dem Schulvorstand zustand - Amtsblattverordnung vom 18.07.1828 S. 273) vom vollendeten 7. Lebensjahr an. Dabei sollte in Betracht gezogen werden, dass viele Eltern aus Not oder Desinteresse ihre Kinder selten zur Schule schickten und dass der Unterricht an einigen Orten aus Raumnot in der Werkstatt, einen Anbau (Gadem) oder in einer Scheune des Schulmeisters stattfand.

Die Schulpflichtigkeit endete mit dem vollendeten 14. Lebensjahr, jedoch mit der Einschränkung, dass sie bei denjenigen Kindern, welche nach dem Urteil des Pfarrers in dem Notwendigen noch nicht unterrichtet waren, auch noch weiter fortdauerte. (Amtsblatt-Verordnung vom 10.04.1829 S. 174)

Schulversäumnisse

Strafbare Schulversäunisse konnten durch Geldstrafen geahndet werden, die jedoch nicht als eigentliche Strafe wegen Übertretung einer Polizeivorschrift, sondern lediglich als eine den Verwaltungsbehörden zustehende exekutivische Maßregel als Ordnungswidrigkeit zu betrachten sind. (Kommentar: Strafeinnahmen waren in lokalen Rechnungsbüchern nicht nachweisbar, denn wo kein Kläger, da kein Eintreiber. Bei den noch weitere 100 Jahre andauernden Zuständen überfüllten Klassen trugen Abwesenheiten eher zur Erleichterung bei!)

Schulbezirke

Schulbezirke konnten teils aus einzelnen Gemeinden bestehen, in der Art, dass die Begrenzung der politischen Gemeinde auch diejenige der Schulgemeinde bildete. Andererseits konnten Schulbezirke aus Teilen einer politischen Gemeinde oder auch aus verschiedenen politischen Gemeinden gebildet werden.

Schulinspektionsbezirke

Die Kreise waren Mitte des 19. Jahrhunderts nach den beiden Hauptkonfessionen in Schulinspektionsbezirke eingeteilt, für welche Kommissarien der Königlichen Regierung (Regierungsbezirk Münster) als Schulinspektoren angeordnet waren. Die Funktion der Schulinspektoren wurde unentgeltlich ausgeübt, lediglich für eine alljährlich vorzunehmende Hauptrevision der Schule wurde eine Entschädigung für Fuhr- und Verzehrkosten (beispielsweise ein Betrag von 3 Talern pro Schule und resp. Tag), aus der Schulkasse gewährt.

Unterhaltung der Schulen

Die Unterhaltung der öffentlichen Elementarschulen oblag im 19. Jahrhundert nach den Bestimmungen im Teil II. Titel 12 des Allgemeinen Landrechts (Preußen) sämtlichen Hausvätern des betreffenden Schulbezirks, ohne Unterschied, ob sie Kinder hatten oder nicht, und ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses. Es war jedoch durch Reskripte (Anweisungen) der Königlichen Ministerien der Unterrichtsangelegenheiten und des Inneren vom 28.07.1861 und vom 13.06.1862 (Ministerialblatt für die ges. innere Verwaltung S. 160 und 246) grundsätzlich festgelegt:

  • dass nach den Bestimmungen der Westfälischen Landgemeindeordnung vom 19.03.1856 es einer Gemeinde nicht verwehrt werden konnte, freiwillig und auch ohne bestehende Verpflichtung, die Unterhaltung der öffentlichen Elementarschulen aus Gemeindemitteln zu übernehmen.

Allgemein bestritten werden mussten die Kosten des Schulwesens

  1. aus dem Schulgeld der die Schule besuchenden Kinder (nebst einen Beitrag zu den Heizungskosten)
  2. aus den Erträgen des Schulvermögens, wenn ein solches vorhanden war
  3. aus Beiträgen der Gemeinde (politische oder Schulgemeinden)

Sämtliche Lehrer und Lehrerinnen erhielten, in sofern sie sich nicht durch mangelhafte Leistungen oder schlechte Führung unwürdig gemacht hatten, eine Staatszulage im Betrag von 20 respektive 10 Talern (jährlich).

Die Gewährung dieser Zulagen gründet sich auf die Bestimmungen in den §§ 28 resp. der Münsterschen Schulordnung vom 02.09.1801, welche jedoch seitdem dahingehend modifiziert wurden, dass bei der dort gemachten Unterscheidung zwischen Kirchspiels- und Nachbarschulen und der Festsetzung der Zulagen auf 30, 20 und 10 einer anderweitigen allgemeinen Festsetzung der Betrages auf 20 Taler Platz gemacht hat.

Nur die Lehrer aus älterer Zeit erhalten auch um 1864 noch den erhöhten Betrag von 30 Talern. Der Betrag von 20 Talern galt demnach als der Normalsatz, und wurde demgemäß, soweit die Mittel des Zulagenfonds es gestatteten, allgemein gewährt. Nur soweit dies nicht der Fall, wurde der Minderbetrag von 10 Talern gezahlt.

Die Mittel des Fonds erfolgen durch einen Aufschlag auf die Grundsteuer, 1864 im Betrage von 1 1/2 Prozent der Staatssteuer, welche mit der Grundsteuer zugleich erhoben wurde, seit dem Jahre 1840 jedoch, in Gemäßheit des § 40 des Landtagsabschiedes vom 08.06.1839, auch durch einen Aufschlag auf die Klassensteuer und, seit dem Hinzukommen der klassifizierten Einkommensteuer, auch auf letztere.

Die Leistungen der letzten Art wurden je für 3 Jahre nach dem Betrag der Standessteuer von Königlicher Regierung festgesetzt und seitens der Gemeinden an die Königliche Regierungs-Hauptkasse abgeführt, welche aus dem so gebildeten Fonds die Zulagen alljährlich durch die Spezialkassen zahlen ließ. Für das Triminium 1859/61 belief sich beispielsweise so der Beitrag des Kreises Ahaus auf 300 Taler 15 Sgr. 3 Pfennig.

Literatur

  • Felbinger,Joh. Ign.: Kern des Mehodenbuches besonders für die Landschulmeister (...). Verlagsbewölbe Wien 1777
  • Gorsched, Joh. Chrisoph: Kern der größeren Deutschen Sprachkunst. Verlag B. Chr. Breitkopf, Leipzig, 1777
  • Overberg, Bernhard: Anweisung zum zweckmäßigen Schulunterricht für die Schullehrer. Aschendorff`sche Buchhandlung, 1835
  • Fibel für den reinen Schreib-Lese-Unterricht im ersten Schuljahr. Verlag Gustav Butz, Hagen 1847
  • Wilmsen, F.P.: Der Deutsche Kinderfreund, ein Lesebuch für Volksschulen. Verlag G. Reimer, Berlin 1841 (Preis 4 1/2 Sg)
  • Böhme, A.: Anleitung zum Schreib- Lese- Unterricht, zugleich als orthographische Vorschule, Verlag Plahn`sche Buchhandlung, Berlin1842
  • Böhme, A.: Zweites Uebungsbuch im Rechnen. Verlag G.W.F. Müller, Berlin 1862
  • Geist, Jos. Ant.: Briefbüchlein für Werktagsschulen. Verlag Jos. Köselsche Buchhandlung 1850

Fußnoten

  1. Quelle: Krünitz Oekonomische Encyklopädie
  2. Literatur: Lesepauker 1, Stratmann, Bodo: Handschriften lesen lernen mit einem Schulschreibheft von 1822
  3. Quelle: Fibel für den reinen Schreib-Lese-Unterrich im ersten Schuljahre (Hrsg. Gustav Butz, Hagen, ohne Jahr)

Weblinks