Wigbold

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Einleitung

"Wigbold", bei Stadtgründungen im 13. Jhdt auch "Wicbold" kommt auf modernen Landkarten und in Akten seit den 17. Jahrhundert in Westfalen vor. Nach dem Text aus "Brockhaus" handelt es sich dabei um eine Stadt mit minderen Rechten (Marktrecht).

Nach den Urkunden zur Verleihung dieser Rechte sind die Gründungen des 13. Jhdts im Westmünsterland, wie z. B. Bocholt (Kreis Borken) , Borken, Coesfeld und Haltern nach gleichem Recht durch den zeitlichen Fürstbischof von Münster meisten auf landesherrlichen Höfen entstanden, auf denen lange vorher bereits eine Kirche gegründet worden und so ein Kirchspiel entstanden war.

Wegen dieser Zentralfunktion von Kirche und landesherrlichem Hof, oft verbunden mit einem Gerichtssitz, siedelten sich in Nähe der Kirche Menschen an, die nicht in das übliche Schema der damals von der "Bueren" als bäuerlichen Bevölkerung geprägten Siedlungslandschaft passten. Es waren überwiegend Freie als Heuerlinge, Handwerker oder Verwaltungsleute.

Nach Dr. Leopold Schütte kommt Wigbold aus dem altsächsischen "wikbilithi", mittelniederdeutschen "wikbelde", aus "(die) wik" '(herrschaftlicher, von der normalen Gerichtsbarkeit ausgenommener) Hof' und "belde" 'Bild', verwandt mit '(recht und) billig' = 'das Gemäße, Richtige.Recht-und-Billige', bedeutet danach etwa 'Recht des (Herren-)Hofes'.

Nur in einem Wigbold konnten sich nichtbäuerliche Leute ansiedeln, die nicht Knechte auf Bauernhöfen waren, sondern - etwa - Handwerker, Kaufleute, gehobene Dienstleute des Landesherrn (Ministeriale) usw. waren. Sie alle genossen ein anderes Recht als die Bauern in den Kirchspielen und Bauerschaften, eben das "Recht des Hofes", das vom Schulten des Hofes als herrschaftlichem Richter wahrgenommen wurde. Das "wikbelde" war also vor der Wigboldbestätigung durch den Landesherrn faktisch schon vorhanden, bevor dem zeitlichen Landesherrn auf den Gedanken gebracht wurde, dies Recht nun ausdrücklich anzusprechen, zu sanktionieren und gutzuheißen.

Von da an werden in vielen Städten des Münsterlandes Teile der Höfe, auf denen die Ansiedlung um die Kirche lag, in Hausgründstücken und Gärten (in den Quellen "worden und morgen", latein. "areae et iugera") aufgeteilt und den Ansässigen zu dauerndem Erbrecht (gegen eine geringe jährliche Anerkennungsgebühr = "freie Erbzinsleihe") überlassen.

Die damals berücksichtigten Orte (Warendorf, Coesfeld, Telgte, Bocholt (Kreis Borken) , Werne, Ahlen, Beckum) entwickelten sich sämtlich zu regelrechten Vollstädten. Darüber hinaus kam das "wikbelde" aber noch auf den übrigen herrschaftlichen Höfen vor, auf denen sich nach und nach auch Siedlungen entwickeln konnten, aus denen keine richtigen Städte mehr wurden. Einige von ihnen nennen sich dann (wegen der dort faktisch herrschenden Rechtsverhältnisse) "wikbelde/Wigbold" (Wolbeck, Olfen, Ramsdorf (Velen), Harsewinkel, Billerbeck usw.).

Außerdem kommt aber der "wikbelde"-Begriff und das entsprechende Recht auch nördlich und südlich des Münsterlandes an Orten vor, die niemals (es sei den im 20.Jahrh.) "Städte" geworden sind und die sich auch nicht oder nur ausnahmsweise "Wigbold" nennen. So z.B. Löningen, Dinklage, Essen, Emsbüren nördlich und Rhynern, Halver, Kierspe und Meinerzhagen südlich des Münsterlandes.

Grenzmarkierungen

Im Gegensatz zu den erkennbaren Befestigungsanlagen einer Stadt, war der Geltungsbereich des Rechtsbezirks eines Wigbolds im Mittelalter durch Friedepfähle und -steine von der allgemeinen Mark oder Feldflur abgemarkt.

Wigboldgerechtigkeit

Die Wigboldgerechtigkeit befreite die Einwohner von Werther (Westfalen) von Diensten und Wachten an Landwehren und Burgen, sie hatten aber ihr eigenes Gebiet zu schützen. Von daher könnte der Begriff sich nach dem Deutschen Wörterbuch auf das mittelhochdeutsche Wic = Kampf beziehen.

Schwierige Definition

Nach dem Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm versteht sieh unter "Wiek" eine Ansiedlung, ein befestigter Ort; abgeleitet von "vīcus" (lat.), daher auch abgeleitet auch Wiekhaus unter welchem man wohl einen Zufluchtsort versteht. Luther versteht in seinen Tischreden unter "Wigk" sinnbildlich auch ein Schloss, Refugium, einen Hort, ein Asylum im 17. Jahrhundert aber bereits eine Festung. Im Mittelalter wurde als "Wicke" auch ein Kirchhof (Friedhof) bezeichnet.

Von daher ist eine Definition von "Wigbold" erkennbar schwierig und kann auch nicht ohne die zahllosen "Weichbild"-Erwähnungen bis hin in die östlichen Siedlungsräume des Mittelalters gefunden werden. Vgl. die Karten in dem Buch "Weichbild" von Karl KROESCHELL, 1960.

1768 Wigbold = Flecken

Im Fürstbistum Münster wird im Gesetz zur Einführung der Brandversicherungsgesellschaft im § 23 ein Wigbold (als Minderstadt) einem Flecken gleichgesetzt.

Bibliographie

  • "Orte zwischen Stadt und Land. Entwicklung und Rechtsform der "Weichbilde" und "Freiheiten" in Westfalen. In: Münsterland und angrenzende Gebiet (Spieker 36). Münster 1993, S. 57-73, Dr. Leopold Schütte
  • (erweitert:) "Weichbilde" und "Freiheiten" in Westfalen. In: 'Wörter und Sachen' als methodisches Prinzip (Germanistische Linguistik 148). Hildesheim 1999, Dr. Leopold Schütte .
  • (mit anderem Schwerpunkt:) "Wigbolde", "Freiheiten", kleine Städte in Westfalen vor 1750. In: Westfälischer Städteatlas, 7. Lieferung. Altenbeken 2001 (mit Karte), Dr. Leopold Schütte .