Australische Auswandererbriefe (1934)/29

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Der Heimat Bild“ - Australischen Auswandererbriefen nacherzählt von Walter Fläming
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Die schönste heißt wohl Mümmelmann und Hasendämmerung. Ich habe noch nie einen Hasen gesehen. Vater sagt, das wären die Vettern von unsern Karnickels, bloß größer wären sie.

      Aber von unsern Karnickels hier muß ich doch mal erzählen. Die sind ja hier so frech, da habt Ihr keinen Begriff von. Sie sind doch eine richtige Landplage, eine gefährliche dazu. Als Großvater von Paplitz nach hier zog, gab es kein einziges Karnickel hier. Die hat Engländer mitgebracht, der jetzt auch schon ein alter Mann ist. In der Schule haben wir mal einen Aufsatz aufgekriegt, der hieß: 20 Mill. Pfund Sterling demjenigen, der die Karnickels abschafft! Aber das ist leichter gesagt als getan. Sie sitzen überall; und im Innern des Landes soll man sie bei hellem Mondschein so sehen, wie der deutsche Dichter Löns seine Hasen auf der Heide bei Nacht Versammlung halten läßt.

      Fährst Du mit dem Wagen - bums versackt Dir das eine Rad bis an die Achse; Du sitzt in einem Karnickelloch. Gehst Du auf irgendeinem Weg, verkippst Du Dir den Fuß, weil Du in so ein verteufeltes Karnickelloch eingebrochen bist. Willst Du mit dem Fuhrrad schnell mal über Land, fliegst Du kopfüber über die Lenkstange. Ueberall sind Kurnickellöcher. Da werden Eisenbahndämme so unterhöhlt, daß es das schlimmste Unglück geben kann, wenn die Streckenläufer nicht Tag für Tag darauf achten. Das schlimmste ist, es gibt kein Mittel, sie zu vernichten. Richtig wie in Eurem Märchen vom Rattenfänger zu Hameln geht das zu? Ein Karnickel schlägst Du tot, zehn andere werden dafür jung. Was haben wir schon alles angestellt. Vater hat einmal eine ganze Rotte Dockelhunde gehalten, die haben Tag und Nacht die Baue durchstöbert. Das half bei uns. Dann aber kamen die Nachbarn gelaufen, die Hunde trieben ihnen alle Karnickel zu. Vater lachte, sie sollten sich doch auch solche Köter halten. Das taten sie aber nicht. Sie liefen zum Richter und verklagten Vater. Der Richter kam in die größte Verlegenheit und wollte es mit keinem verderben. Vater versprach, von dem jungen Wurf jedem Nachbarn ein paar Tölen abzugeben. Aber ehe es so weit war, fanden wir die Tiere vergiftet aus dem Hofe. So sind die Menschen.

      Dann haben wir alle wieder zu den Karnickelflinten gegriffen. Ich habe schon zum Geburtstag so einen Schrotpuster gekriegt. Aber das Viehzeug ist ja zu schlau. Es riecht ja richtig das Pulver. Da kannst Du Stunden ansitzen; es läßt sich kein Karnickel sehen. Wenn Du aber fünfzig Gänge weg bist, wimmelt es hinter Dir. Und kriegst Du wirklich einen vor die Flinte, so ist das man so eine Sache. Vorn sind die Biester zu schnell und hinten zu kurz; und Du pustest Dein Schrot um nichts hinaus und kriegst vom Vater kostenlos noch einen Katzenkopf, weil Du so ein Schlumpschütz bist.

      Da gehen wir denn schon lieber mit den Netzen. Dann gehen wir aber zu 12 oder 15 Jungens. Da stellt jeder an die 20 Netze. Und nun trommeln wir mit Stöcken los auf die Erde. Aber die Biester sind das gewohnt und bleiben ruhig im Bau sitzen. Bloß wenn wir Frettchen ansetzen, dann rasselt es. Aber Du kannst zehn gegen eins wetten, daß die meisten Karnickel aus den Röhren herausfuhren, die wir nicht bestrickt haben. So klug ist die Bande.

      Da hilft nur Maschendraht. Mein Bruder Wilhelm hat ein schönes Buch über das Land Australien mit vielen feinen Bildern aus überall her. Da sieht das Land genau so aus wie bei uns. Jedes Feld ist mit Drahtgittern eingefenzt. Die alten Fenzricke, die Großvater baute und mein Vater als Junge, sind ganz unnütz geworden. Den Stacheldraht müssen wir bis zu vier Fuß glatt in die Erde einbringen. Daran verbiegen sich dann die Karnickels Nase und Zehen. Und kommen sie dennoch ins Feld, dann müssen wir sie mit Karnickelwasser vergasen. Das ist ein übelriechendes Zeug. Es stinkt wie faule Eier. Wir gießen es in rohe Schafwolle und stopfen die Ballen in die Röhren. Das können sie nicht vertragen. Dann verziehen sie sich bald. Aber so ein Karnickelzaun ist eine Schinderei. Jeder auf der Farm muß bei jedem Weg einen Ringdraht und eine Zange bei sich haben, Männer und Frauen, Mädchen und Jungens.