Beschreibung und Geschichte der Burg Kinsberg (1910)/49

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Beschreibung und Geschichte der Burg Kinsberg (1910)
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Geschichte Burg Kinsberg.djvu
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3. Die weiße Frau.

Einst wurde ein großes Fest auf dem Kinsberge gefeiert; munter und lustig waren die Gäste, die Ritter bei dem Becher im großen Rittersaale, die Frauen und Fräulein im stillen Zimmer der Hausfrau. Plötzlich entfernte sich Adelheid von Schafgotsch mit ihren Freundinnen aus dem Kreise der Frauen, um im Zwinger und Burggarten die Kühle des Abends zu genießen. Einer der Ritter, namens Bernhard von Haugwitz, der zu Adelheid in Liebe entbrannt war, hatte dies bemerkt. Er trat an ein Fenster des Saales und blickte in den Burghof, wo der tiefe Felsenbrunnen war. Unvermutet trat ein weißes Fräulein aus dem Burgtore und schritt auf den Brunnen zu. Bernhard meinte, das wäre Adelheid, die früher zurückgekehrt sei, um vielleicht noch mit ihm zusammenzutreffen; deshalb schritt er eilig aus dem Saale und die Treppe hinab in den Hof. Da stand die Weißgekleidete am Brunnen. „Adelheid, bist du es?“ flüsterte er. Sie winkte ihm, trat an den Rand des Brunnens und stürzte sich in demselben Augenblicke in denselben hinab. Mit einem Schrei des Entsetzens taumelte Bernhard zurück, eilte in den Saal der fröhlichen Zecher und rief: „Adelheid ist in den Brunnen gestürzt. Rettet sie! Rettet sie!“

Entsetzt sprang der eben noch freudige Kreis der Väter nnd jungen Ritter bei diesem Rufe auf und der Türe zu. Auch das Zimmer der Frauen hatte der Wehruf erreicht; alle folgten dem verzweifelten Jünglinge, der gleich einem Wahnsinnigen wieder die Treppe hinabeilte. Als sein Fuß die letzte Stufe berührte, da kehrten soeben die jungen Freundinnen aus dem Garten zurück und traten in das Schloßtor, an ihrer Spitze —Adelheid. Wer beschreibt den freudigen Schreck des Jünglings, die Wonne der Eltern und das Erstaunen der Jungfrauen! Keine fehlte, alle waren zurückgekehrt, und in dem dennoch untersuchten Brunnen zeigte die bis zum Wasserspiegel hinabgelassene Fackel nichts, als die hervorragenden Riffe des Felsens, durch welche der Brunnen gebrochen war und unten nur das Wasser, glänzend vom Schein der Fackel.

Da flüsterten sich die Diener zu, es sei gewiß die weiße Frau gewesen, die, wie auf manchen andern Schlössern, auch hier zu Zeiten sich sehen ließe. Aber den beiden bis dahin sich nur im stillen Liebenden