Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/Anlagen 113

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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das ius paternae hereditatis wiedergegeben haben, das sie wegen der unter der Regierung seines Vaters bewiesenen Untreue damals verloren hätten.[1] Die Bedeutung dieser Stelle ist dunkel; keine Stelle der fränkisch-sächsischen Gesetze läßt sich zu der hier erwähnten Maßregel in Beziehung setzen. Auch dauerte der Zustand der Erblosigkeit sicher nur kurze Zeit.

Daher scheint diese Stelle kein hinreichend starkes Argument gegen die herrschende Meinung zu sein.

Wir nehmen daher ebenfalls an, daß die fränkische Eroberung die soziale Gliederung des sächsischen Volkes zunächst nicht verändert hat.

Nach den fränkischen Kapitularien und der Lex Saxonum bildeten die drei Stände der nobiles, ingenui (liberi) und liti das Volk; die nur als Sachen betrachteten servi standen außerhalb der Volksgemeinschaft. Gleichzeitige Schriftsteller haben uns die deutschen Namen der drei Volksstände überliefert. Die nobiles hießen Edelinge, die liberi oder ingenui Frilinge, die liti Lazzen (Laten oder Lassen).[2]

Nach einer allerdings nicht ganz zuverlässigen Nachricht sollen vor der Eroberung Abgeordnete aller drei Stände die sächsische Stammesversammlung zu Marklo gebildet haben.[2]

Seitdem die Sachsen dem fränkischen Reich einverleibt worden waren, bestand für sie alle die Heer- und Dingpflicht; ein aus nobiles, ingenui (liberi) und liti gemischtes sogenanntes sächsisches Großhundert, d.h. 120 Pflichtige, mußte bestimmte Leistungen zum Unterhalt der Kirchen entrichten.[3] Allen Volksgenossen wurde zu gunsten der Kirche die Abgabe des Zehnten auferlegt.[3] Schon im Jahr 782 bestellte Karl der Große sächsische nobiles zu Grafen.[4]

Die ständische Gliederung des sächsischen Volkes in karolingischer Zeit tritt uns am deutlichsten aus der Lex Saxonum entgegen. Betrachten wir die Stände nach diesem Gesetz so bemerken wir ein auffälliges Zurücktreten des Standes der liberi gegenüber den Ständen der nobiles, liti, ja selbst der servi.

Die liberi werden nur an drei Stellen des Gesetzes erwähnt. Gerade über ihre wichtigsten Verhältnisse, vor allem über ihr Wehrgeld, erhalten wir


  1. Vgl. Vita Hludiwici<.tt>, Kap.24 (M. G. SS.II S.619).
  2. 2,0 2,1 Vgl. Nithard, Hist. lib.IV, Kap.2 (M. G. SS.II, S.668-671). Nithard nennt die Lazzi serviles, ohne dabei der Sklaven zu gedenken. Offenbar wurde das Verhältnis des Liten als wirkliche Unfreiheit betrachtet. Die Sklaven erwähnt er nicht, entweder, weil sie als Angehörige des Volkes nicht in Betracht kamen, oder weil die Laten den überwiegenden, die Sklaven aber nur einen verschwindenden Bestandteil der unfreien Klasse bildeten. — Hucbald, Vita Lebuini (M. G. SS.II, S.361), der auch allein die Nachricht von der Stammesversammlung zu Marklo giebt. Eine Hindeutung darauf findet sich wahrscheinlich in Kap.34 des Capitulare de partibus Saxoniae. Vgl. Gaupp, Recht und Verfassung der alten Sachsen, S.38 Anm.1.
  3. 3,0 3,1 Heer- und Dienstpflicht betr. Capitulare Saxonicum, Art.2 und 5. — Wilmans, Kaiserurkunden der Provinz Westfalen, 1867, Bd.I Nr.10 (dd. 826 bis 833). — Abgaben für die Pfarrkirche vgl. Capitulare de partibus Saxoniae, Art.15 und die Zehntpflicht in Art.17.
  4. Vgl. Waitz, Verfassungsgeschichte, Bd.III S.119 Anm.3.