Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/4/193

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
Register  |  1. Band  |  2. Band  |  3. Band
4. Band  |  Inhalt des 4. Bandes
<<<Vorherige Seite
[192]
Nächste Seite>>>
[194]
SH-Kirchengeschichte-4.djvu
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht korrekturgelesen und kann somit Fehler enthalten.

niederzulassen, wo sie ihre Ansiedlung Pilger-Ruh' nannten.[1] Vorher mußten sie aber im Consistorium zu Glückstadt einer Prüfung durch den Generalsuperintendenten Conradi sich unterwerfen. Nachdem sie diese Prüfung gut bestanden hatten, wurde ihnen die Bedingung gemacht, sich in Lehre und Leben nach den Hauptstücken der evangelisch-lutherischen Religion zu richten, den Grafen von Zinzendorf nicht als ihr Haupt anzuerkennen, mit der Gemeinde von Herrnhut keine Verbindung zu unterhalten, und der Ausbreitung ihrer Kirchen-Disciplin sich zu enthalten. Ihr Anführer war M. Johann Georg Waiblinger, gebürtig aus dem Würtembergischen. Nachdem sie aus Kiel verwiesen worden waren, hatten sie sich zuerst nach Horst in der Nähe von Glückstadt begeben. Der dortige Prediger Christensen machte davon eine amtliche Anzeige und erbat sich Verhaltungsmaßregeln. Dies war Ausgangs des Jahres 1735. Am 13. März 1736 fand eine erste Abhörung des Predigers Waiblinger statt vor dem Ober-Consistorium zu Glückstadt. Die 20. unter den vorgelegten Fragen war diese: „Ob sie auch den wunderlichen Herren gehorsam wären, oder sich der Obrigkeit widersetzen würden, wenn sie ihnen Gewalt oder Unrecht anthäte.“ Man erkennt hieraus, wie politische Besorgnisse durchschimmerten. Die Antwort lautete: „Wir wissen von nichts als von Leiden und Beten. Die Probe hiervon haben die Brüder schon bewiesen in Ketten und Gefängnissen, darin auch Einige in größter Gelassenheit gestorben sind. Und da ein Gedanke wider die Obrigkeit schon eine Rebellion sei, so habe man sich noch weniger vor einem Ausbruche in die That bei uns zu fürchten.“ Am 15. April 1736 mußten sie noch gegen den Generalsuperintendenten sich schriftlich über neun verschiedene Punkte erklären, die den Zinzendorfianern als Irrthümer beigemessen wurden. Darunter war z. B. der Punkt: „Daß die Brüderschaft im Geistlichen und Leiblichen absolut zu gebieten habe und man ihr blindlings gehorsamen müsse, auch daß aus solchem Fundament alle ihre missiones geschehen;“ – ferner der Punkt: „Daß man nach den Umständen der Zeit, der Absichten und der Personen bald so bald anders reden könne.“


  1. Nachrichten und Actenstücke über diese Niederlassung der Mährischen Brüder zu Pilger-Ruh' findet man im 7. Stück der Dänischen Bibliothek S. 1–98.