Umstellung auf biologisch-dynamischisch Wirtschaftsweise

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Franz Noreikat mit seinem Vieh, (Eggleningken vor 1914)
Maria Boehme (geb. Preußker) auf dem Hanomag,
(Kiefernberg 1939)
Martin Boehme vor dem Kuhstall, (Kiefernberg 1939)

Die Hoferbin Maria Boehme (geb. Preußker) ist ausgebildete Landwirtin. Bei einem Teil ihrer Ausbildung auf dem Gut Heynitz[1] (Sachsen) hat sie die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise kennengelernt. Auf diesem Gut arbeitete auch Martin Boehme, der spätere Ehemann. Im Jahr 1936 überzeugte sie ihren Onkel Franz Noreikat, auch in Eggleningken die Wirtschaftsweise umzustellen. Dazu zwei Auszüge aus Briefen (Abschriften).

Aus dem Brief von Maria Boehme[2] an ihre Mutter Luise Preußker (geb. Noreikat):


Eggleningken den 5. November 1936

Mein liebes Katerchen, …

…Als das schönste Ereignis in der letzten Zeit kann ich Euch erzählen, daß Anfang dieser Woche Herr Kabisch bei uns war und mit Onkel Franz eine befriedigende Aussprache hatte. Ihr wißt doch d. i. der ostpr. Auskunftstellenleiter der biolog. dynam. Wirtschaftsweise. Er hat die ganze Wirtschaft gesehen und sich an ihrem tadellosen Bestand gefreut. Es soll mit der Umstellung auf den Landschlägen angefangen werden. Herr K. hat hierfür eine Fruchtfolge vorgeschlagen, mit der im Frühjahr begonnen werden soll. Außerdem hat er Allgemeines über die Mistpflege gesagt. Onkel Franz hat mit ihm lange Gespräche geführt, ich war ja nicht immer dabei, habe aber doch nachher herausgehört, daß sie für beide Teile interessant waren und ein gegenseitiges Verstehen und Achten da war. Das hat mich kolossal gefreut. Mich hat Herr K. im Besonderen vorgenommen, als Erbhofbäuerin muß ich mich bemühen, über den ganzen Betrieb orientiert zu sein, Fruchtfolge etc. Er machte mir den Vorschlag, von nun an in Tilsit die monatl. gärtnerischen Arbeitsgemeinschaften zu besuchen. Dies wäre sicher sehr von Vorteil. Ich kannte Herrn K. nur flüchtig von Heynitz[1].

Sein Besuch war uns allen sehr angenehm. Es waren äußerst anregende Stunden in dem ewigen Einerlei der gewohnten Umgebung und Bekannten. Er meinte Onkel Fr. müßte wegen seines Leidens zu Dr. Rust nach Königsberg fahren, ein Homöopath, Anthroposoph wie Dr. Magerstädt, den er auch kennt. Er soll ganz fabelhaft sein. Man müßte, so meint er, Onkel Fr.`s Diät umstellen auf Gemüse u. Obst, es wäre nach der 3 jährigen Pause sicher möglich u. gut, man sollte sich wenn irgendmöglich von diesem Arzt beraten lassen.

Weißt Du, eigentlich kann ich es mir gar nicht vorstellen, daß in Egg. umgestellt werden soll. Daß nun wirklich der Ent-schluß dazu da ist. Das ist etwas ganz Enormes, denn wenn es wirklich ernst genommen werden wird, wird ein neuer Geist in die Landwirtschaft einziehen, der das Denken des Menschen in viel stärkerem Maße als früher in Anspruch nimmt. Es werden ganz neue Gebiete und Anschauungen berührt werden, kurz: es kann einen Wendepunkt bedeuten.

Wie jede Sache hat es natürlich auch seine Bedenken. Das ist hier die finanzielle Seite, die doch nicht so ideal ist, wie ich annahm. Man hat pro Morgen geackerter Fläche eine bestimmte Summe (ca. 1,50 – 2,00) an den Reichsverband zu Zahlen, die sämtliche Unkosten einschließt. Das ist gar nicht wenig, wie Du siehst. – …

Tante Berta geht es besser, aber so ganz ist sie noch nicht auf Deck. Onkel Franz hatte tüchtig Hexenschuß u. rheumati-sche Schmerzen, daß er kaum vom Stuhl aufstehen konnte. Nun läuft er bereits wieder draußen rum. Bloß Tante Emma ist schrecklich erkältet, es ist gar nicht anzuhören. Zu ihrem chronischen Husten hat sie noch Schnupfen, wohl auch Grippe bekommen, auch geht das Atmen schwer. Heute liegt sie im Bett, wenn auch widerwillig. Was soll man bloß mit all den Kranken machen? Auch in der Umgegend hört man viel von Krankheit, es ist traurig. Frau Friedrich ist wieder in Kgb., der Prof. hat gesagt, es soll sich noch nicht ein bißchen gebessert haben.

Aber nun Schluß, ich habe wenig Zeit. Evtl. fahre ich heute nach Pillk., ich habe so allerlei Bewerbchen.

Hoffentlich seid Ihr gesund und guter Dinge. Vielleicht schickst Du den Brief auch an Tante Anna, dann brauche ich dasselbe nicht noch einmal zu schreiben.

Nun Euch allen viele Grüße, besonders Dir

herzlichst Deine Maria.


Aus dem nachfolgenden Brief von Franz Noreikat[2] an seine Schwester Anna in Dresden:


Eggleningken den 9. November 1936

Liebe Anna,

…Ich habe mich nun entschlossen meine Wirtschaftsweise nach biologisch-dynamischer Art umzustellen, d.h. also ohne jeden Kunstdung. Ein Herr Kabisch der in Ostpreußen die Aufsicht hat ist schon hier gewesen. Maria sieht nun ihren ersten Wunsch erfüllt. Ich habe mir eigentlich viel vorgenommen, denn ich bin vielleicht nicht mehr beweglich genug. Doch nun gibts kein zurück mehr es muß vorwärts und aufwärts. Ich hoffe doch stark, daß mich bald ein biologisch-dynamischer Jungbauer tatkräftig unterstützen wird. Doch kommt Zeit, kommt Rat irgendwie muß Rat werden. Die Zukunft wird noch viel von uns verlangen wenn es vorwärts gehen soll. – …

Leider konnte ich mich in den letzten drei Wochen recht wenig oder besser gar nicht um die Jagd kümmern. Mir lagen wirtschaftliche Sachen näher die bewältigt werden mußten. In dieser Woche werde ich mit pflügen fertig, dann wird es schon wieder werden. Am Mittwoch den 11. gehen nach Dresden 5 Ctr an Dich 1 Ctr Kartoffeln ab. Wenn es Dir zu viel ist gieb bitte welche ab, aber es sind biologisch-dynam. gebaute, also Prima-Prima!

Nun herzl. Grüße von uns allen besonders von

Deinem Bruder Franz



Fußnoten

  1. 1,0 1,1 Benno von Heynitz gehörte zu den engagierten Mitgestaltern der biologisch-dynamischen Arbeit und der Demeter - Bewegung vor dem Zweiten Weltkrieg. Benno und Eleonore von Heynitz sahen es außerdem als ihre Aufgabe an, zahlreiche junge Menschen auszubilden und in die neue Arbeit einzuführen. Die Heynitz’schen Güter wurden zu einem anerkannten Mittelpunkt biologisch-dynamischer Arbeit, siehe auch hier. (18.01.2015)
  2. 2,0 2,1 Genehmigung für die Veröffentlichung in GenWiki im „Portal Pillkallen“ unter der Auflage der ausschließlich nicht-kommerziellen Nutzung liegt von der Rechteinhaberin Frau Dr. Kathrin Boehme vom 24.02.2012 vor.



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