Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/Anlagen 119

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Sinne, aber die Gleichberechtigung mit den alten Volksgeschlechtern, die Aufnahme in den Sippenverband blieb ihr versagt. Das einzelne Freiengeschlecht blieb unter der Mund der Edelingssippe, aus deren Hörigen es einst hervorgegangen war. Das Heiratsverbot zwischen nobiles und liberi erscheint nur als Ausfluß dieses tiefgreifenden Standesunterschiedes. Wahrscheinlich durch politische Ereignisse hatten einzelne alte Freiengeschlechter Grundeigentum erhalten. Aber vollfreies Grundeigentum war dies keineswegs, und auch von diesem waren wohl die später entstandenen Freiengeschlechter ausgeschlossen.

Auf Grund dieser Interpretation der altsächsischen Ständegliederung können wir uns nun ein Bild von der wirtschaftlichen und sozialen Position der einzelnen Stände machen.

Beginnen wir mit den Sklaven.

Sie waren entweder Knechte, d.h. Hausgesinde im Haushalt ihrer Herren, oder aber sie bewirtschafteten ohne festes Besitzrecht mit der Verpflichtung zu ungemessenen Frondiensten und Abgaben die im unmittelbaren Besitz ihrer Herren befindlichen Hufen. Der Herr konnte sie jederzeit von dem unter ihrer Verwaltung befindlichen Gut trennen und mit oder ohne dasselbe verkaufen.[1] Alle Stände, Liten, liberi und nobiles, scheinen Sklaven besessen zu haben.[1] Die Verwendung derselben war je nach der Stellung des Besitzers eine verschiedenartige. Ob der Stand der Sklaven sehr zahlreich war, ist schwer zu entscheiden, da häufig auch die Liten Sklaven (mancipia oder servi) genannt werden.[1]

Die Liten waren hörige Ackerbauer mit festem Besitzrecht am Gut und, wie es scheint, schon damals gemessenen Abgaben.[2] Ihrem Stand gehörte die große Masse der Ackerbau treibenden Bevölkerung an.[3]

Die liberi waren teils unter der Mund der Edelinge stehende, höchstwahrscheinlich bäuerliche Grundeigentümer, teils freie Kolonen. Hier gab es also einen Stand freier, bäuerlicher Grundeigentümer, Aber weder waren sie vollfrei, noch bildeten sie den Kern und die Hauptmasse des Volkes. Sie scheinen nicht sehr zahlreich gewesen zu sein. In gleichzeitigen Urkunden werden sie gar nicht erwähnt. Vielleicht waren die später in osnabrückischen und mindenschen Urkunden genannten Mund- und Malmänner mit ihnen gleichbedeutend.[4]


  1. 1,0 1,1 1,2 Vgl. Lex Saxonum Kap.62. Alle Stände im Besitz von Sklaven, vgl. Capitulare de partibus Saxoniae, Art.15.
  2. Vgl. Traditiones Werdinenses ed. Crecelius, Heft IIIa S.41 ff. Bei der Tradition werden die von den Laien zu zahlenden Abgaben angegeben.
  3. Vgl. S.120* Anm.2. — v. Richthofen, M. G. L.L. Tom.V, S.54 Anm.31. — Waitz, Verfassungsgeschichte IV, S.299.
  4. Über den Zusammenhang des liber sub tutela nobilis mit dem Mund- oder Malmann vgl. v. Richthofen, M. G. L.L. Tom.V Lex Saxonum, Kap.64 Anm.67. Über die Mund- und Malmänner in Osnabrück vgl. Möser, Osnabr. Geschichte I, S.336 ff. — Die Immunitätsurkunden für Osnabrück bei Philippi, Osnabr. Urkundenbuch I, Nr.3 (a. 803 falsch), Nr.54 (a. 889 falsch?), Nr.55 (a. 889 falsch), Nr.87 (dd. 938) und die folgenden bes. Nr.147 (a. 1051). In Paderborn und Minden, Wilmans, Kaiserurkunden der Provinz Westfalen I Nr.40 (a. 881 und Nr.84 (a. 961). Über die Malmänner des Klosters Fleckenhorst in Hoetmar vgl. Wilmans a.a.O. S.191; dazu Codex Tradit. Westfal. Heft I (Freckenhorst) S.186 und die Stiftungsurkunde von Freckenhorst (a. 851) daselbst S.6. — Danach sollte man die Malmänner eher für Ministerialen ansehen.