Schweinhaus/Chronik

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Von der Ruine Schweinhaus gibt K. A. Müller (1837) in seiner Schilderung der Burgen und Ritterschlösser Schlesiens S. 515 ff. folgende Beschreibung:

„Schon von fern bemerkt man die vielen Mauern, Giebel und Turmreste dieser einst so bedeutenden Burg, die keine Ruine sein dürfte, wenn sich nicht zerstörende Menschenhände seit den letzten 50 Jahren so glücklich daran versucht hätten; denn in einer gewiß sehr steinreichen Gegend sind die Burgmauern häufig anderweitig zu Bauten verwendet worden; so wurde z. B. das neue Schulhaus ganz aus solchen Mauerresten erbaut. Zur Zeit des 30jährigen Krieges konnte darin noch feindliche und befreundete Mannschaft beherbergt werden.“

„Noch vor 30 jahren führten bequeme Treppen aus Sandstein durch die gewölbten Aufgänge, in denen man jetzt mühsam hinaufklimmt bis zur Zinne des Gebäudes. Noch vor 15 Jahren war der größte Teil des Schlosses unter Dach; jetzt sind die Sparren meist zusammengebrochen oder gestohlen, und nur die Türme haben, weil sie nicht ohne Gefahr zu besteigen sind, ihre Bedachung behalten. Es ist in mehrfacher Hinsicht zu beklagen, daß auch diese Burg, und zwar erst in neuerer Zeit, verfallen mußte, da dieselbe in früheren Jahrhunderten keinen solchen beklagenswerten Schicksalen und Zerstörungen, wie fast alle anderen schlesischen Burgen, ausgesetzt gewesen ist. Sie war eine der ansehnlichsten im lande und konnte durch ihre Lage und innere Einrichtung auch den luxeriösen Anforderungen der neueren Zeit genügen. Schweinhaus ist nicht ganz eine mittelalterliche Ruine, wie Bolkenhain, Kynast u. s. w., doch sind die Reste der alten Burg von denen der neueren leicht zu unterscheiden. Bei dem Um- und Anbau, den Hans Sigismund von Schweinichen um 1650 vornahm, wurde das Schloß mit einer Reihe hoher Zimmer und Säle geschmückt, und die Hauptfront des Gebäudes, aus welcher zierliche Flügeltürmchen vorspringen, prangte sonst mit großen, hellen Fenstern. Die Form der Burg ist übrigens unregelmäßig. Das Plateau des mäßig hohen Berges, auf dem sie steht, bildet ein längliches, durch eine Art Kasematten künstlich vergrößertes Viereck, welches an der Südseite durch niedrige Walltürme, die mit Kartaunen besetzt waren, verteidigt wurde. Im Innern ist das Sehenswerteste der Speisesaal mit Spuren von kunstloser Stuckaturarbeit. Der eigentliche alte Rittersaal befindet sich im Hauptturm, der einst der Rettig genannt worden sein soll“ etc.

Nach einer Sage führte einst ein unterirdischer Gang von Schweinhaus nach der Bolkoburg, dessen Eingang heut noch gezeigt wird.

Der schlesische Dichter Fülleborn[1] erzählt die Sage in Form einer Romanze wie folgt:

Zedlitz-Sage

Der Verfall der Burg ist seit dem Jahre 1837 riesig forgeschritten. Ganze Gebäudekomplexe sind verschwunden, die Dächer gänzlich vernichtet. Erst in jüngster Zeit hat die Provinzial-Kommission zur Erhaltung und Erforschung der Denkmäler der Provinz Schlesien etwas getan, um wenigstens den ältesten Teil der Burg vor gänzlicher Vernichtung zu bewahren, indem dieser überdacht wurde.

Vollständig erhalten ist aber noch die aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts stammende Schloß- und Burgkirche. Dieselbe liegt ca. 100 m hinter der Burg an der Wurzel der Bergnase, auf deren vorderstem Teile dieselbe sich erhebt. Unzweifelhaft ist die Kirche unter dem Schutz der Burg entstanden und lag innerhalb der Befestigungen derselben. Von diesen Befestigungen ist heut nicht mehr erkennbar, nur der Volksmund weiß noch von ihnen zu berichten. Danach zogen sich starke Mauern mit Verteidigungstürmen um die ganze Bergnase herum, und ein hoher Wartturm stand der Kirche gegenüber, so daß man von ihm in das Tal der wütenden Neiße nach Osten und Süden hinab sehen konnte.

Daß diese Burg und die unter ihrem Schutze liegende Kirche im Laufe der Jahrhunderte nie zerstört wurde, kann nur durch die Stärke der Befestigungen, die Tüchtigkeit und Klugheit der Burgherrn, sowie dadurch erklärt werden, daß dieselben tatsächlich Schirmherrn ihrer Nächsten waren.

Ganz allein die Erhaltung der Burg aber der Klugheit ihrer Besitzer zuzuschreiben, ist sicher nicht richtig. Die wüstesten, wildesten Kämpfe tobten besonders zu Zeiten der Hussitenkriege um die Burg herum. Da hätte Klugheit nicht allein schützen können. Wilden, beutelustigen, ungezügelten Horden vermag nur taktische Kraft zu imponieren. Diese hat Kirche und Burg sicher häufig allein gerettet.

Allem Raubrittertum abhold, wurden die Burgherrn auch in dem kriege verschont, den die schlesischen Städte im 15. Jahrhundert gegen die meisten Burgen im schlesischen Gebirge führten.

Die Schweinhauser Kirche ist jedenfalls unmittelbar nach Vollendung des Umbaues und teilweisen Neubaues der Burg Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut worden. R. Drescher behauptet zwar in seinem Artikel „Die Schweinhauser Schloß- und Dorfkirche und was dazu gehört“, erschienen in den Schles. Provinzblättern 1862, daß die Kirche älter als ein irgend noch bestehender Burgteil sei. Dem widerspricht aber jener Artikel in der Bauzeitung, der das turmartige mächtige Hauptgebäude, das alte Hochschloß, als in demselben Stil, wie die Kirche erbaut, bezeichnet.

R. Drescher sagt über die Kirche: „Sie übt trotz ihrer großen Einfachheit einen hohen Reiz aus, nicht allein durch ihre Lage, sondern mindestens in demselben Grade durch die Kennzeichen eines überaus hohen Alters.

Wenn wir gleich zugestehen müssen, daß in den älteren schlesischen Kirchenbauten sich Anklänge an den sogenannten „romanischen“ Baustil länger erhielten als in den angrenzenden westlichen und südlicheren deutschen Ländern, so geben wir doch keineswegs nach, daß. wie behauptet wird, der romanische Stil sich in Schlesien länger in Anwendung erhalten habe, als in jenen Ländern. Den Beweis davon liefern alle älteren schlesischen Land- und Stadtkirchen, unter denen wir wohl manche finden können, die im ganzen weit plumper und roher gebaut worden, als viele gleich große und gleich alte in anderen deutschen Ländern, aber sicherlich keine, die noch im romanischen Stile, ja selbst im Sogen. „romanischen Übergangsstile“ erbaut worden wäre zu einer Zeit, wo in den übrigen deutschen Gegenden schon der Sogen. „gotische Baustil“ (der „Spitzbogenstil“) herrschend war. Es ist hier nicht der geeignete Ort, diese Tatsache einer ausführlichen Erörterung zu unterziehen. Jedoch mußten wir dieselbe hier anführen, weil wir allein auf sie die Altersbestimmung unserer Kirche gründen können. Danach müssen wir nämlich die erste Erbauung der Schweinhauser Kirche in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts zurückführen. Auf diese zeitperiode deutet der ganze Bau hin, vor allem der schlanke, viereckige Turm mit seinen charakteristischen Giebeln und seinen teils gruppierten, teils einzeln angebrachten kleineren und größeren Rundbogenfenstern. Ganz ebenso ausgestattete und ebenso hergestellte Türme aus gleicher Erbaunungszeit trifft man auch in den niedersächsischen Ländern an zahlreichen Dorfkirchen. Man hat hier anscheinend, wue auch oft anderwärts, den Turm zuerst gebaut und erst später das Schiff angefügt, eine Vermutung, die ich darum aufstelle, weil das Kirchenschiff einen etwas jüngeren Charakter zeigt. Es hat nämlich zwar noch ein kleines Rundbogenfenster, das augenscheinlich schon ursprünglich zur Erhellung der westlichen Empore bestimmt war.

Alle übrigen Fenster dagegen zeigen bereits die Spitzbogenform, jedoch ohne Maßwerk und mit der den Spitzbogenfenstern des Übergangstils noch eigentümlichen starken Erweiterungen der Fensterwandungen nach innen und außen. Auch diese Art von spitzbogigen Fenstern spricht für meine Altersangabe. Denn selbst zugegeben, daß diese Form der Fensterwandungen noch viele Jahrzehnte später angewendet wurde, müßten diese Fenster doch, wenn sie aus späterer Zeit wären, wenigstens die Spuren von irgend einem Maßwerk zeigen, das auch bei Dorfkirchen in Schlesien gleich nach der Mitte des 13. Jahrhunderts allgemein zur Ausfüllung von Spitzbogenfenstern angewendet wurde, weshalb man auch sicher bei allen nach diesem Zeitpunkt erbauten Dorfkirchen, selbst wenn es nachträglich herausgebrochen ist, mindestens Spuren davon findet. Nun kommt es aber bei ursprünglich romanischen Kirchen auch sehr häufig vor, daß nachträglich einzelne oder die meisten der gewöhnlich sehr kleinen Rundbogenfenster durch Zumauern oder Erweitern beseitigt und dafür größere schlitzbogige Fensteröffnungen angebracht wurden. Davon sind aber stets innen oder außen Spuren zu sehen. Von allem diesen ist hier nicht die geringste Andeutung vorhanden, sonach mit Recht anzunehmen, daß wir es mit dem ursprünglichen, noch dem Übergangstil angehörigen spitzbogigen Fensteröffnungen zu tun haben.

Der Chor der Kirche ist auf die allereinfachste und zugleich ungeschlachteste Weise gradlinig geschlossen[2].“

Drescher beschreibt die Kirche weiter und sagt: „Von den frühesten speziellen Schicksalen wissen wir gar nichts. Im Laufe des 14. Jahrhunderts müssen die beiden zierlich profilierten, der Periode der Hochgotik gehörenden Spitzbogenportale am Turm und der Südseite der Kirche angebracht worden sein. Möglich ist ferner auch, daß aus dieser Zeit, spätestens aber aus dem darauf folgenden Jahrhundert, die Wandgemälde herrühren, deren Spuren man noch hinter dem Altar an der Hinterwand des Chores wahrnehmen kann. Am Ende des 15. Jahrhunderts muß auch der noch vorhandene Altarschrein angebracht worden sein, dessen Zierlichkeit und Schönheit allein schon den Besuch der Kirche lohnen würde. Es ist ursprünglich ein Flügel- und Klappaltar (wie man noch an den Spuren der ehemaligen Angeln sehen kann, in denen die Flügel sich drehten), dessen bewegliche Flügel man aber nebst dem durchgebrochenen geschnitzten, baldachinartigen, gotischen Aufsatz nachträglich entfernt hat. Dagegen ist der mittlere Hauptteil des Schreins noch wohl erhalten. Die Höhe beträge 4 1/2 Fuß. Der Umriß ist fast quadratisch, das Ganze trotzdem aber nicht von gedrücktem Aussehen, da die offene Vorderwand durch drei schlanke Rundsäulen, welche nach oben zu sich in ein förmliches Netz von dünnem, verästeltem Stabwerk ausbreiten, auf das lebendigste und zierlichste gegliedert ist. In den drei dadurch gebildeten symmetrischen Feldern heben sich drei geschnitzte Statuen von dem teppichartig gemusterten Goldgrunde der inneren Wände des Schreins durch lebhafte Bemalung und Vergoldung deutlich ab, wodurch in Verbindung mit dem durchbrochenen und ebenfalls stark vergoldeten Stabwerk eine höchst anmutige Schattenwirkung, überhaupt ein malerischer Effekt hervorgebracht wird. Derselbe war jedenfalls viel bedeutender, als das zierliche Altarwerk noch von dem zugehörigen, sicherlich mit entsprechender Kunstfertigkeit gearbeitetem, baldachinartigen Aufsatz überragt wurde, welcher das Ganze nach oben mutmaßlich durch eine Vereinigung von Spitzbögen mit Kreuzblumen und mehreren schlanken Fialen in aufstrebender Weise abschloß. Dieser Aufsatz muß aber schon etwa 100 Jahre nach Errichtung des Altars entfernt worden sein; denn er ist gegenwärtig durch einen anderen, zwar zierlich geschnitzten, aber ganz und gar unpassenden ersetzt, der die Kennzeichen seines Ursprungs aus dem Ende des 16. Jahrhunderts in der charakteristischen Form seiner Zierarten trägt und dem Renaissance-Geschmack angehört. Gleichzeitig sind auch mutmaßlich die beiden Altarklappen oder -flügel entfernt worden, welche zum Schließen des Schreins dienten und auf ihrer inneren und äußeren Oberfläche mit bildlichen Darstellungen geschmückt zu sein pflegten.

Die drei Statuen stellen vor: Die gekrönte Mutter des Heilandes mit dem Jesuskinde auf dem Arm in der Mitte, zu beiden Seiten zwei Apostel. Der Ausdruck in den Gesichtern ist ein höchst naiver und durchaus unbedeutend, die Figuren, besonders die der Maria, sogar anatomisch falsch gebildet, sowohl im einzelnen als im Verhältnis der Teile zueinander. Der Faltenwurf der Gewänder ist durchweg brüchig. Diese Einzelheit des Faltenwurfs, außerdem aber auch besonders das Vorhandensein des verästelten Stabwerkes liefern den Beleg, daß die Entstehung des Altarwerkes mindestens in das letzte Viertel des 15. Jahrhunderts zu setzen ist. Jenes kann sogar möglicher Weise auch aus den beiden ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts herrühren.

Als seinen Stifter können wir mit großer Wahrscheinlichkeit den Ritter Burgmann von Schweinichen auf Schweinhaus ansehen, der 1566, in dem ausnehmend hohen Alter von 110 jahren starb. Dieser war im Jahre 1500, der mittleren Entstehungszeit des Altarschreines, schon ein mann von 44 Jahren, also höchstwahrscheinlich schon wenigstens ein Jahrzehnt im Besitz des Kirchenpatronats.

Von seinem Vater oder dem vorhergehenden Besitzer der Herrschaft, der auch ebenfalss der Stifter gewesen sein könnte, wissen wir leider nichts. Mutmaßlich liegt derselbe auch im Raum der Kirche begraben und sein Denkmal mag eins von den vielen sein, die, bloß mit einem Familienwappen und einer Umschrift in altdeutschen Lettern versehen, fast den ganzen Boden der Kirche bedecken, aber nicht zu entziffern sind, da fast der ganze Raum bis zum Altar hin mit Kirchenbänken erfüllt ist.[3]

Dieser Burgmann von Schweinichen, den wir uns als überaus ruhigen Charakter vorstellen müssen, war im Jahre 1518, als die ersten Nachrichten von den merkwürdigen kirchlichen Ereignissen in Wittenberg sich in dieser Gegend verbreiteten, schon ein Herr von 62 Jahren. Ihm erschienen die Tatsachen höchst unbedeutend.[4] Seinen Vetter Georg von Zedlitz, der im Alter von 74 Jahren sich noch so von den Nachrichten über das herzhafte Auftreten des Wittenberger Mönches aufregen ließ, daß er noch im selbigen Jahre von seinem Wohnsitz Neukirch aus (nur 2 Meilen entfernt in derselben Gegend) besondere Boten an den mönch abschickte und sich von diesem einen Gesinnungsgenossen und Ordensbruder als Schloßkaplan überweisen ließ, - diesen seinen Vetter schalt er der Sage nach einen alten Narren, den die hussitischen Ketzereien seines Vaters angesteckt hätten. Auch in der Folgezeit, nachdem sich inzwischen die sächsischen Reformatoren erkühnt hatten, sich vollständig von der bisherigen allgemeinen christlichen Kirche loszusagen und eine neue Kirchenlehre aufzustellen, als schließlich nach und nach in allen Kirchen seiner Nachbarschaft der lutherische Gottesdienst eingeführt und es gleichsam zur Modesache geworden war, sich zu den neuen religiösen Ansichten zu bekennen, vermochte er allein es nicht, sich von seiner althergebrachten Gewohnheit zu trennen, sondern hielt mit der ganzen Zähigkeit des Greisenalters an seiner von Jugend auf geübten Weise der Gottesverehrung fest, litt auch nicht, daß ein Mitglied seiner Familie, auf welche die Neuerungen nicht ohne Einfluß blieben, zu dem modernen Bekenntnis übertrat. Jedoch war er tolerant genug, auch wo es in seiner Macht stand, keineswegs feindselig gegen die Bekenner der neuen Lehre aufzutreten; denn als im jahre 1545 eines Tages die ihm untertänige Gemeinde in dem benachbarten Wolmsdorf samt ihrem bisherigen Ortspfarrer Martin Herzog einhellig zum lutherischen Bekenntnis übertrat, erhob er dagegen keinen Einspruch, obwohl er es als Grundherr mit Leichtigkeit hätte hindern und die ganze Gemeinde in Strafe nehmen können. Er überlebte noch um volle 10 Jahre seine zweite Gemahlin, eine geb. von Zedlitz[5], und starb erst 1566 in dem seltenen Alter von 110 Jahren. Sein etwas plumpes Denkmal in der Schweinhauser Kirche neben der Kanzel stellt ihn als einen schwerfällig aussehenden alten Mann dar, mit kurz geschorenem Bart, ohne Rüstung, mit den weiten geschlitzten Ärmeln und dem langen pelzverbrämten Rocke bekleidet, wie man sie in den letzten Lebensjahren Kaiser Maximilians I. zu tragen pflegte. Er mag nach Sitte der meisten Greise diese in den letzten Jahren seiner Kraft übliche Tracht bis an sein Lebensende beibehalten haben.

Sein Enkel und Nachfolger Hans von Schweinichen trat alsbald mit allen Hinterbliebenen zum lutherischen Bekenntnis über. Er wählte eine sehr eifrige Protestantin zur Gemahlin, wie es sich bald zeigte, auch eine sehr eifrige Gattin, Fräulein Barbara von Rothkirch. Da ihre Ehe kinderlos blieb, verfiel Frau Barbara unter anderem sehr bald auf die Idee, ihrem Gatten den Katechismus Luthers haarklein einzuprägen. Ja später führte sie mit seiner Zustimmung die Observanz ein, ihrem Eheherrn allabendlich ein Sprüchlein aus der Bibel zu lehren, und es kam so weit, daß Herr Hans von den Nachbarn in der Umgegend damit aufgezogen wurde, Frau Barbara reiche ihm nicht den Nachttrunk, bis er sein Sprüchlein ohne Anstoß aufgesagt habe.

Diesem wackern Ehepaare nun hat unsere Kirche im Innern die Ausschmückung zu verdanken, die sie im wesentlichen noch gegenwärtig hat.

Anno 1580 waren endlich die schönen neuen herrschaftlichen Kirchenstühle fertig. Sie prangten im reichsten Schmuck von Schnitzwerk, buntfarbiger Malerei und Vergoldung nach der allerneuesten Mode. Am Stuhlhimmel glänzte über der Seite des Ritters das Wappen derer von Schweinichen mit einem mächtigen springenden Eber, über der von Frau Barbara aber das Rothkirchische und darunter in einer langen Reihe längs des ganzen Gestühles die Wappen der sämtlichen verwandten edlen Geschlechter, als der v. Zedlitz, v. Schindel, v. Reibnitz u.s.w. u.s.w., alles zusammen aber in einem Rahmen von goldig glänzenden ausgesuchten Bibelsprüchen auf schönem himmelblauem Grunde. Hier in dem kostbaren Gestühl schaute die Gnädige noch einmal so gnädig auf die Häupter ihrer im Schiff versammelten Untertanen und horchte noch einmal so gern der Predigt des neuen Pastors Frommer, dessen Berufung aus Wederau, wo er früher Pastor war, sie selbst veranlaßt hatte.

Im Laufe der nächsten Jahre wurde, den herrschaftlichen Stühlen entsprechend, allgemachsam das ganze Kircheninnere umgeschaffen. Erstlich wurden lauter neue Bänke angeschafft mit schönen geschnitzten Seitenlehnen, und diese Seitenlehnen nebst den Rückenlehnen alle mit den modernsten Mustern in Neutralfarbe auf hellem Grunde übermalt. Anno 1597 geschah ein gleiches mit der Wandung des neu erweiterten Orgelchores und 1600 endlich mit der ganz neu angeschafften, zierlich geschnitzten Kanzel. Auch der Altar, auf dessen altmodische Schnörkel Frau Barbara seit Jahren ihr Mißfallen und die Aufmerksamkeit ihres Gemahls gerichtet hatte, wurde neu ausstaffiert. Ein ganz neuer wäre zu kostspielig gekommen; dafür erhielt er wenigstens einen nach modernem Geschmack geschnitzten Rahmen. Ja, Frau Barbara erlebte, ehe sie die Augen schloß, noch die Freude, die ganze Kirche an Kanzel, Bänken, dem herrschaftlichen Gestühl und der neuen Orgelchor-Wandung, wi nur ein freies Fleckchen zu finden gewesen war, mit ihren liebsten Bibelsprüchen in den schönsten goldenen Buchstaben erglänzen zu sehen. Ihre allerliebsten, ihre Kernsprüche waren über ihrem Stuhl und lauteten in der damaligen Schreibweise: „Gehorchet Ewren Lehrern und folget inen. Denn sie wachen über ewre Seelen, als die da rechenschaft dafür geben sollen, Auf das sue das mit freuden Thun und nicht mit seufftzen, denn Das ist euch nicht gut.“ „betet für uns.“ Ferner: „Seid aber Theter des Worts und nicht hörer allein, damit ir euch selbs betrieget.“ „betet für uns.“

Anno 1588 begruben Herr Hans und Frau Barbara ihr einziges Kind und noch dazu ein Pflegekind, Fräulein Ursula, in dem fühen Alter von 17 Jahren. Sie hatten dieselbe nach dem raschen Todes ihres Vaters, des Herrn Heinrich Zedlitz von der Brausnitz (jetzt Prausnitz) bei Goldberg als vater- und mutterlose Waise an Kindesstatt angenommen. Sie setzten ihr aber auch ein ausnehmend schönes Denkmal dicht neben der Haupttür im Innern der Kirche, auf dem Fräulein Ursula, ihr Gesangbuch in den Händen, in einem langen Kleide von schwerem dunkelblauen Sammet mit Knöpfen von edlen Steinen bis ganz herunter, mit einem kostbaren weißen stehenden Spitzenkragen, einem Blumenkranze auf dem reichen blonden, in schweren Zöpfen zusammengesteckten Haare, der sich sehr schön über den frischen roten Backen ausnahm, alles von Stein und frischen Farben köstlich nachgebildet, höchst anmutig zu sehen war (und noch zu sehen ist), sodaß sie schier in dem Bilde leibte und lebte[6]

Damit hören unsere Nachrichten über dieses interessante Ehepaar auf, und wir wissen nicht einmal, wann die beiden gestorben sind, obwohl wir mit Recht annehmen können, daß dies im ersten oder zweiten Jahrzent des 17. Jahrhunderts geschehen sein wird. Ihr, wie wir wissen, nicht direkter Nachfolger hat ihnen auch, vielleicht infolge der Kalamitäten des bald nachher ausbrechenden 30jährigen Krieges, kein irgenwie in die Augen fallendes Denkmal gesetzt; dasselbe müßte denn auch, wie so viele andere, unter den schweren Kirchenbänken den Blicken entzogen sein.

Ernst von Schweinichen starb am 23. September 1695 unter Hinterlassung einer Wiwe zweiter Ehe, Sibylla Magdalena geb. v. Bose, die er erst in seienm 62. Lebensjahre geehelicht hatte, und von vier Söhnen und drei Töchtern erster Ehe. Die ältesten drei Söhne teilten unter sich die väterlichen Güter am 19. November 1695 zu Kolbnitz, während die Witwe, der jüngste Bruder Hans Friedrich und die drei Schwestern mit Geld abgefunden wurden. Hans Ernst erhielt Kolbnitz und Jägendorf, Georg Ernst Schweinhaus, Waltersdorf und Schönthälchen - der ältere Bruder muß daher auf sein Besitzrecht an Schweinhaus etc. zu Gunsten der Erbmasse Verzicht geleistet haben - und der Kornet Ernst Siegmund Hohendorf (Huhndorf) - Georg Ernst muß daher gleichfalls auf sein Besitzrecht an Huhndorf zu Gunsten der Erbmasse verzichtet haben.

Huhndorf erwarb Georg Ernst durch Kaufvertrag dd. Schweinhaus 5. Februar 1698 um 19 500 Tlr. schles. von seinem Bruder Ernst Siegmund zurück, der sich dafür im Glogauischen zu Ploth ansässig machte. Dagegen verkaufte Georg Ernst 1699 das Gut und Dorf Waltersdorf um 11 000 Tlr. schles. an seinen Waffengefährten, den brandenburgischen Obrist-Lieutenant Gottfried von Tielisch und Rüdgersdorf, andrerseits erwarb er um 1701 um 43 000 Tlr, schles. die Rittergüter Stuse und Pirschen im Brelauischen zusammen mit seiner Gemahlin Erdmuth Sophia geb. von Zedlitz.

Der Gedanke an die Unbeständigkeit des menschlichen Lebens legte es Georg Ernst nahe, für die Bestellung seines zeitlichen Gutes Sorge zu tragen. Auf seiner geliebten Stammesburg Schweinhaus errichtete er am 17. November 1701 sein Testament. Nachdem er in der Einleitung seiner tiefen wahren Religiösität Ausdruck verliehen, bestimmte er, daß sein entseelter Körper, wenn es irgendwie möglich sein könnte, nach Schweinhaus gebracht und dort nach christlichem Gebrauch, jedoch ohne einziges Gepränge, zur Erden bestattet werden solle. Als Erben seines zeitlichen Vermögens setzte er seine beiden Söhne Erdmann Rudolph und Ernst Burgmann von Schweinichen und Schweinhaus mit der Bestimmung ein, daß die Erbteilung erst nach erlangter Majorennität des jüngeren Sohnes Ernst Burgmann vor sich gehen sollte, und zwar nur provisionaliter, weil die Mutter die Adninistration auf Lebenszeit behalte. Da er sich sehr wohl bewußt war, daß gerade die uneingeschränkten Erbteilungen den Ruin so vieler, uralter, vornehmer Geschlechter herbeiführte und die alten Stammgüter leicht aus dem Besitz des Geschlechts brachte, wünschte er, der den alten Glanz des Geschlechts von Schweinichen aufs neue gehoben hatte, daß „besagte Gütter von Einem alleine behauptet und der andere mit Gelde abgestattet werden könnte. Sie beyderseits aber sollen sich also qualificiren, womit sie mir keinen Schimpf im Grabe machen, sondern vielmehr Gott und der Welt angenehm sein mögen“.

Hatte Georg Ernst in dieser Bestimmung der Erwartung sich hingegeben, daß seine beiden Söhne sich dem uralten Namen ihres Geschlechts würdig zeigen sollten, so bricht im Folgenden die heiße Liebe zu der Stammesburg seiner Ahnen voll und ganz hervor. „Weil auch das gutt Schweinhauß ein uraltes Stammhaus derer von Schweinichen und a Seculis her mit vielen göttlichen Seegen in ihren Händen verblieben ist; Alß soll dieses auch aus dem Geschlechte nicht verlassen werden. Es seye dann, daß die Gewissens Freyheit, welche wir Gottlob jetzo och haben, nicht mehr geduldet wurde, auf welchen von Gott gnädig verhüttenden Fall dessen Alienation nach Belieben der Meinigen freylich geschehen könnte.“

Seinen drei Töchtern setzte er ferner je 3 000 Tlr. Heiratsgut und eine gleiche Summe nach dem Tode ihrer Mutter aus. Da diese, seine herzgeliebte Gemahlin, ihm nicht nur ein beträchtliches Vermögen zugebracht, sondern auch, wie er rühmend hervorhebt, unzählige Proben ihrer ungemeinen Treue, Liebe, Häuslichkeit und Wirtschaftlichkeit gezeigt hatte, so erklärte er es als seinen ernsten Willen und seine feste Meinung, daß sie auf Lebenszeit, solange sie seinen Namen führe, seinen sämtlichen Besitz ohne jede Rechnunglegung verwalte und genieße sowie seinen Söhnen außer dem notwendigen, erforderlichen Unterhalte davon etwas einzuräumen nicht gehalten sein solle, es sei denn aus freiem Willen. Deshalb legte er zum Schlusse seinen Söhnen und Töchtern noch einmal ausdrücklich ans Herz, sieses sein Testament bei Verlust ihres Erbrechtes gewissenhaft zu halten und vor allem ihrer mutter den pflichschuldigen Gehorsam und Respekt unausgesetzt zu halten, damit sie sich, wie er ihnen aus treuem väterlichen Herzen wünsche, des in dem vierten Gebote Gottes versprochenen Segens teilhaftig machen möchten. Zu besserer Erziehung seiner Kinder bestimmte er dann noch neben der Mutter als Vormund seinen lieben ältesten Bruder Hans Ernst von Schweinichen auf Kolbnitz und Jägendorf, Gotthard Friedrich von Reibnitz auf Langen-Helmsdorf und Leipe und Samuel Prätorius von Richthofen auf Hertwigswaldau und Hartmannsdorf.

Wegen seiner Stellung als kaiserlicher Obrist-Lieutenant bei der Garnison zu Breslau siedelte Georg Ernst darauf nach der schlesischen Hauptstadt über. Hier ergriff ihn schwere Leibesunpäßlichkeit, sodaß er sich genötigt sah, in seiner Wohnung auf der Junkernstraße am 19. November 1702 vor zwei herbeigerufenen Breslauer Ratsherren ein Kodizil zu seinem vorjährigem Testament zu machen, welches im Wesentlichen aufrecht erhalten und von neuem bekräftigt wurde. Wenige Tage darauf, am 24. November, war der letzte edle Burgherr von Schweinhaus aus dem Geschlecht derer von Schweinichen bereits verblichen. Gemäß seinem Wunsche und seiner schlichten Denkungsart wird er sonder Gepränge zur letzten Ruhe bestattet worden sein. Wie einfach dies zugegangen sein mag, erhellt schon daraus, daß die sonst üblichen gedruckten Leichenpredigten und Trauerlieder bei ihm fehlen. Am 26. Mai 1704 übernahmen die Witwe Erdmuth Sophia und der älteste Bruder Hans Ernst von Schweinichen ....

In „Geschichte der Heraldik (Wappenwesen, Wappenkunst und Wappenwissenschaft).

Nach den Quellen bearbeitet von Gustav A. Seiler, S. 654-655 (Historische Betrachtung über das Hohenlohesche Wappen von Sam. Wilh. Oetter) heißt es: „Wenn der Vater starb, so nahm der Sohn ein neues Wappen an. Dies dauerte bis zu Anfang des 13. jahrhunderts, von dieser Zeit an wurden die Wappen erblich. Wenn zwei Brüder sich erbteilten und zwei besondere Linien stifteten, so behielt nur derjenige das Geschlechtswappen, der auf dem Stammhause blieb; der andere nahm ein anderes Wappen an und nannte sich auch nicht mehr von seinem Stammhause, sondern von dem Schloß, wo er nun wohnte, es sei denn, daß das Stammhaus gemeinschaftlich blieb. Wenn zwei Brüder erbteilten und der eine das väterliche Wappen nicht ganz verlassen wollte, machte er bisweilen nur eine kleine Änderung in selbiges oder tat sonst etwas hinzu.“


  1. Georg Gustav Fülleborn, Philosoph, Philolog und Volksschriftsteller, geb. 1769 zu Groß-Glogau, gest. 1803 zu Breslau. Über ihn vgl. die Allgem. deutsche Biographie VIII, 194.
  2. Auch hieraus geht deutlich hervor, daß die Annahme des R. B. Stillfried, die Burg sei erst Ende des 13. Jahrhunderts erbaut worden, eine vollkommen unrichtige war.
  3. Besonders im siebenjährigen Kriege wren die Grüfte der alten Schweinichen wiederholentlichen Plünderungen ausgesetzt. Es wurde in dieselben eingebrochen und mancher Grabstein wurde dabei vernichtet.
  4. Der Grund hierfür ist nicht ganz klar, auch daß ihm das Auftreten Luthers als ganz unbedeutend erschienen ist, dürfte zu bezweifeln sein, da ja seine Kinder und nächsten Verwandten sich der reformatorischen Bewegung alsbald anschlossen.
  5. Das ist falsch. Burgmanns Gemahlin war eine Borschnitzin aus dem Hause Hohenfriedberg, welchen Besitz sie ihrem Gatten zugebracht hatte. Der in der Kirche zu Schweinhaus erhaltene Grabstein gibt darüber genaue Auskunft. Burgmann scheint aber wenigstens zweimal verheiratet gewesen zu sein und war möglicherweise seine erste Frau eine geb. von Zedlitz. Die Forschungen in dieser Richtung sind noch nicht abgeschlossen.
  6. Diese Darstellungen schöpfte ich zum Teil aus den Denkmälern in der Schweinhauser Kirche, zum Teil aus einzelnen „Fragmenten in der Kirchengeschichte des Kreises Bolkenhain“, 1851 bei Schubert in Bolkenhain erschienen, „herausgegeben von den gegenwärtigen Mitgliedern der Bolkenhainer Diözesan-Konferenz“.


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