Herforder Chronik (1910)/061

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Herforder Chronik (1910)
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dieselbe Raumteilung, ähnliche Verhältnisse wie der Dom zu Paderborn habe, und selbst die gedrückten attischen Basen, das romanische Kämpfergesimse, die Kapitale der Säulen fanden sich wieder. Aus der in allen Einzelheiten nahen Verwandtschaft der Formen des Hauptteils beider Kirchen ergäbe sich, meint König, die Wahrscheinlichkeit, daß der Plan vom selben Meister herstammt [1].

Wir wollen von dieser tatkräftigen Frau, die 1040 starb, nicht scheiden, ohne zu erwähnen, daß sie gleich ihren Vorgängerinnen im Amte darauf bedacht gewesen ist, dem Herforder Stifte Gunstbezeigungen der Kaiser zu gewinnen. Was ihr Heinrich II. zum Wohle des Stiftes bewilligt hat (s. oben), läßt sie sich von Konrad II., dem ersten Kaiser aus dem Hause der Salier, im Jahre 1025 bestätigen[2]. Und als sein Nachfolger Heinrich III. (1039-1056) im Stifte Herford anwesend war, hat dieser die Bestätigung aller Privilegien des Stifts in einer zu Herford am 22. Dezember 1040 unterschriebenen Urkunde vollzogen[3].

Gotesda hat auch sonst ihres Amtes mit Eifer und Umsicht gewaltet und zwar mit gutem Erfolge. Denn als ihr Oheim, Graf Thiatmar, Gewalttätigkeiten gegen das Kloster Herford verübt hatte, indem er die Schatzkammer des Stiftes erbrach und beraubte, wurde er auf ihr Betreiben von einer Synode zu hoher Geldstrafe verurteilt. Da er sie aber in barem Gelde nicht bezahlen konnte, so gab er im Jahre 1015 dem Kloster seinen Hof zu Brunincthorpe (Brüntrup) im Amte Hohenhausen im Lippischen[4].

Im Verlaufe unserer Erzählung haben wir gesehen, wie das abteiliche Stift entstand, wie Kirchen für die Gemeinden erbaut wurden, aber der Schauplatz der Herforder Stadtgeschichte damaliger Zeit ist einer verhängten Bühne vergleichbar. Wohl haben wir vordem, als sie noch offen war, Zurüstungen für ein Schauspiel auf ihr gesehen, Gegenstände wurden gesetzt und gerückt, deren Bedeutung wir nicht verstanden, Personen huschten darüber hin, ohne uns etwas zu sagen. Dann verdunkelte sich der Raum und der Vorhang senkte sich. Scheinbar war ein Stillstand aller Bewegungen auf der Bühne eingetreten, kein Laut ließ sich hören. Trotzdem dauerte das glänz- und geräuschvolle Leben und Treiben neben der Bühne fort und drängte uns zu der Annahme, daß da hinter dem Vorhange etwas vorgehen müsse; und wie berechtigt wir waren, das anzunehmen, bewies uns jener kurze Augenblick, als auf der blitzartig sich erhellenden Bühne bei etwas gehobenem Vorhange der deutsche Kaiser Heinrich I. und die mit ihm zur Synode versammelten Edlen und Geistlichen nebst zahlreichem Gefolge auftraten und den Hintergrund der ansehnliche, Zukunft verheißende Ort Herford bildete.

  1. Ludorff, Tafel 18-32.
  2. W. U. B. II, Nr. 164
  3. W. U. B. II, Nr. 193
  4. Darpe, a. a. O., S. 6.