Herforder Chronik (1910)/063

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Herforder Chronik (1910)
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10.

Die Schule am Münster.

Schon in den ältesten Zeiten unserer geistlichen Stiftung ist daselbst mit der Pflege des göttlichen Dienstes die der Jugendunterweisung Hand in Hand gegangen. Spuren davon finden wir in der Geschichte der Königin Mathilde, der Gemahlin Heinrichs I,, die ihre Erziehung im Kloster Herford bei ihrer Großmutter, der Äbtissin Mathilde, genossen. Da die vita Mathildis ausdrücklich hervorhebt, daß die junge Grafentochter nicht in die Zahl der Schwestern aufgenommen worden sei, so sind wir wohl berechtigt, dem ihr erteilten Unterricht die moderne Bezeichnung „Privatunterricht“ zu geben. Sie sollte im Kloster, so heißt es in ihrer Lebensbeschreibung, „durch Buch und Werk zu allem Nützlichen erzogen werden“, wobei wir unter „Buch“ das Lesen der heiligen Bücher verstehen, was sie doch wohl im Kloster erst erlernt hat.

Wir können aber nicht umhin, gleichzeitig mit Mathildes Aufenthalt im Kloster oder doch nur wenig später, das Bestehen einer Stiftsschule anzunehmen, die aus dem Bedürfnis, die jungen Damen zu bilden, hervorgegangen sein mag. Darauf führen uns zwei Bemerkungen in der Hebeliste aus dem 12. Jahrhundert, die wir weiter unten mitteilen wollen. Sie stützt sich, wie an einer Stelle besonders betont wird, auf ein älteres Schriftstück (es heißt da: ex antiquo libro), das in die Zeiten Mathildes hinauf reichen mag. Da sind einige Höfe verzeichnet, u. a. der Oberhof Oldenhervorde, deren Abgaben inmitten des lateinischen Textes mit dem deutschen Worte „underrigte“ angegeben sind[1], das offenbar „für die Bedürfnisse der Schule“ bedeuten soll. An anderer Stelle wird bei der Weinvertcilung von den die Schule nicht besuchenden Mädchen gesprochen (cuilibet domicellae non intranti scolas dabitur ....).

Diese Stiftsschule in einem Benediktinerinnenkloster, wahrscheinlich nur für die Ausbildung von Mädchen bestimmt, konnte für die Erziehung und Unterweisung der männlichen Jugend wenig in Frage kommen. Das Leben zur Zeit Gotesdas, also um die Jahrtausendwende, stellte an die in öffentlichen Diensten stehenden Männer höhere Ansprüche gegen früher, als die Ausbildung im Waffenhandwerk noch die allein geschätzte war, und für eine solche allgemeine höhere Bildung legten die lateinischen Schulen den Grund. Man verstand darunter Schulen, an denen Latein das Hauptlehrfach und zugleich Unterrichtssprache war, und wo in den Kreis der höheren Erziehung von den sogenannten sieben freien Künsten nur die drei unteren, das Trivium: Grammatik, Rhetorik und Dialektik, gezogen wurden, die vier oberen dagegen, das Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie, den Universitäten vorbehalten blieben.

  1. Darpe, a. a. O. 48 f.