Herforder Chronik (1910)/145

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Herforder Chronik (1910)
<<<Vorherige Seite
[144]
Nächste Seite>>>
[146]
Herforder Chronik 1910.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



städtischen Elektrizitätswerk und der Bürgerschule auf dem Wilhelmsplatz, der Jugend ein erwünschter Tummel- und Versteckplatz. Auf dem Merianschen Kupferstich von Herford erscheint ganz im Hintergrunde der zu seinen Zeiten wegen seiner außerordentlichen Festigkeit gerühmte Fresenturm am Ende der Jüdenstraße nach dem Walle hin. Im Endebutt stand der Schusterturm, an dessen Stelle sich heut ein turmartiges Wohnhäuschen erhebt. Der Scholenturm ist an der Scholenpforte zu suchen, dem Stadtausgange zwischen Schneidermeister Schulze und Architekt Münter. Er hieß später Pulverturm und hat noch 1827 der heutigen Arndstraße den Namen „zum Pulverturm“ gegeben. Die Türme waren den Handwerksämtern zugeteilt, die sie in kriegerischen Zeiten zu besetzen hatten. Die Schuster hatten den Schusterturm im Endebutt, die Höker oder Kleinhändler den Rennepfortenturm, die Wandschneider, d. h. Tuchhändler die Bergertorspforte. Wo aber Krämer (Kaufleute)-, Linnenweber-, Knochenhauer (Schlächter)-, Schneider- und Butterturm, sowie der Baltzer(Balthasar)-Zwinger zu suchen seien und wer zu ihrer Besetzung verpflichtet war, ließ sich nicht feststellen.

Die fünf Stadttore waren ganz besonders gesichert. Zu jeder Seite eines Tores erhob sich ein Rondell als Brückenkopf, über dem Torbogen ein Turm, der später mit einer Schlaguhr versehen wurde. Zur Bedienung der Zugbrücke und des Fallgitters wohnte in dem Turm ein Pförtner, dem die Aufsicht über die in die Stadt eintretenden Fußgänger, Reiter und Güterwagen anvertraut war.

2. Die Landwehr.

Wir haben soeben gezeigt, wie der Herforder Bürger mit Weib und Kind, mit Hab und Gut sicher hinter Wall und Mauern sitzen konnte. Seine Äcker und Gärten aber außerhalb der Stadt, seine in den Wiesen weidenden Rinder, Pferde und Schafe waren schutzlos den Feindeshorden preisgegeben gewesen, wenn er sie nicht mit einer die Stadt in einem Umkreise von fünf Stunden umziehenden Umwallung gesichert hätte. Mit ihr war zugleich die Grenze gegen die Nachbarn festgelegt; sie hielt sich vom Mittelpunkt der Stadt durchschnittlich zwei Kilometer entfernt. Ihre Errichtung ist sicherlich nicht das Werk einer kurzen Zeit gewesen und setzt eine ungeheure Summe von Kraft und Mühe voraus. Im Herforder Rechtsbuch, Kap. 5[1], wird uns gesagt, wie der Rat der Stadt verpflichtet war, die Bürger zur Wehre, zu Diensten und Abgaben für das ganze Burgwerk anzuhalten, damit die Stadt bewahrt, gebessert und ihre Rechte und Privilegien behütet würden. Unter Burgwerk verstand man den Bau und die Instandhaltung der Verteidigungswerke der Stadt, wozu in Herford außer den Mauern, Türmen, Brücken, Gräben und Wällen auch die Landwehr gehörte. Die guten Bürger mußten die Lasten tragen, Bausteuern bezahlen oder sich durch Anfahren von Holz, Sand, Kalk und Steinen von dieser Steuer loskaufen, der ganz Unbemittelte trug durch Frondienste seine

  1. Normann, a. a. O.