Herforder Chronik (1910)/227

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Herforder Chronik (1910)
<<<Vorherige Seite
[226]
Nächste Seite>>>
[228]
Herforder Chronik 1910.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



9. Gotisches Kästchen von Holz (Lud. Tafel 15), 21 cm lang, 16 cm breit und 7,5 cm hoch, ist innen mit grünem Leinen gefüttert, außen mit Leder überzogen und mit zierlichen Bronzehaspen (Türbänder) beschlagen. Auf den Lederflächen sieht man punzierte, d. i. mit dem Stempel, Punze, geschlagene phantastische Ungeheuer, Figuren (Edelmann mit angelegter Armbrust, Edeldame mit ausgebreiteten Armen), gotische Ornamente, Spruchbänder (yhecus-Maria, d. i. Jesus-Maria). Andere Inschriften ziehen am unteren Rande der Seitenwände hin. Schwettmann nennt es gotische Brautschatulle.

10. Holzschachtel von gotischer Arbeit des 15. Jahrhunderts (Lud. S. 22), 22 cm lang, 22 cm breit und 6 cm hoch. Schwettmann bezeichnet sie als Korporalienschachtel [1]. Sie ist mit Straminstickerei überzogen in drei farbigen, vorwiegend geometrischen Mustern in Rautenteilung. Die Ecken des Deckels verzieren in Silber getriebene kugelförmige Knöpfe, die, erdbeerartig dargestellt, in ihren Erhabenheiten aus Silberperlchen bestehen, in ihren Vertiefungen mit schwarzem Kitt ausgefüllt sind (Schwettmann).

11. Kissen (Lud. S. 72), gleichfalls gotisch, mit Seidenstickerei auf Leinen. Achtseitige Felder wechseln mit Blumen und Vögeln. 43 cm lang, 29 cm breit. Das Feld 13:8,5 cm groß.


12. Zum Schluß sei der beiden Missalen oder Meßbücher (Lud. Tafel 45, 54, 60) gedacht, von denen das eine mit der Jahreszahl 1486 bezeichnet ist. Beide enthalten auf Pergament geschrieben gottesdienstliche Gesänge mit Neumen, den Noten des Gregorianischen Kirchengesanges. Sie weisen einen Reichtum von köstlichen in Gold und leuchtenden Farben gemalten Anfangsbuchstaben auf; Ludorff hat sie sinnreich für die Anfange der Kapitel seines Werkes „Die Baudenkmäler des Kreises Herford“ verwendet. Außer diesen, einen hohen Grad von Kunstfertigkeit und fast unerschöpflicher Phantasie verratenden Initialen unterbrechen den Text noch ganzseitige, die Kunst des Malers voll zur Geltung bringende Bilder. „Die Darstellung der Kreuzigung, welche in diesem Missale enthalten ist, läßt auf einen tüchtigen Meister schließen. In zarten und milden Farben sind die Bilder auf Goldgrund gemalt, und zwar sind die Schatten mit schwarzen, die Lichter mit goldenen Strichen aufgesetzt. Die Gruppe der klagenden Frauen links vom Kreuzesstamm ist von hoher Anmut in Geberde und Haltung. Ganz besonders fällt die feine, liebliche Bildung der Gesichter, wie überhaupt das weise Maßhalten in den Affekten (Darstellung der Gemütserregungen) auf. So fällt Maria nicht in Ohnmacht, sondern ringt in namenlosem Schmerz die Hände. Die männlichen Gestalten sind in reichem ritterlichen Putz behandelt, namentlich der Hauptmann, welcher eine goldene Rüstung trägt. Ein Kranz viel verschlungener Blumenarabesken in höchst geschmackvoller Zeichnung und

  1. In der katholischen Kirche wird in der Korporalienschachtel das Korporale, das geglättete Leintuch, aufbewahrt, auf welches der Teller mit den Hostien und der Kelch mit dem Wein zum Zweck der Konsekralion (Einsegnung) gesetzt werden.