Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/27

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Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
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Erinnerungen Baumbach Kirchheim.djvu
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Hier muß ich, ehe ich fortfahre, eines für mich sehr schmerzlichen Todesfalls gedenken. Meine gute Mutter hatte einige Jahre vor meiner Auswanderung eine schwere Krankheit überstanden, an deren Folgen litt dieselbe schon bei meiner Abreise an Gedächtnis- und allgemeiner Körperschwäche. Am 13. August 1851 starb dieselbe zu Hanau, wohin sie schon vor Hermanns Verheiratung gezogen war, um diesem beizustehen. Wie kann ich der vortrefflichen Frau genug danken für die zärtliche Liebe, die sie mir gleich allen ihren Kindern stets zeigte, so wie für ihre vortreffliche Erziehung und gegebenes Beispiel zu Nachahmung. So zogen wir denn nach Elyria, Ernst anfänglich mit uns, Rechtsstudien bei einem Anwalt, wie hier gewöhnlich beginnend, ging aber nach Pearia-Illinois, wohin Strüver gezogen war, um mit diesem zusammen ein kleines Kaufmannsgeschäft zu beginnen. Moritz hatte eine ziemlich gute Stelle in New York. Wilhelm, der gleichfalls häufig an Wechselfieberanfällen gelitten hatte, folgte uns nach Elyria und trat dort als Kommis in ein Geschäft, sowie auch Fritz und Carl fanden ein Unterkommen in einer Apotheke, alle gegen zwar nur geringes Salair, wie hier gebräuchlich, in dem sogenannte Lehrlinge nicht nur kein Lehrgeld zahlen, sondern alsbald Vergütung nach Verhältnis ihrer Dienstleistungen erhalten.

Ich beschäftigte mich mit Gartenarbeit, was zur Kräftigung und Erhaltung meiner Gesundheit wesentlich beitrug. Ein ehemals preußischer Beamte Quentin, ein tüchtiger intelligenter Geschäftsmann, war nach Milwaukee gegangen und machte ein Geschäft daraus für sich selbst und Bekannte gegen Provision, Geld gegen hier gebräuchliche hohe Zinsen, bis zu 12 % auszuleihen oder auch Geld auf Spekulation durch An- und Wiederverkauf anzulegen. Ich trat mit demselben in Geschäftsverbindung, sowohl für mich, wie auch im Interesse meiner Brüder, und schlugen einige glückliche Spekulationen ein, wodurch es mir gelang, meine sehr zurückgekommenen Vermögensverhältnisse wieder aufzubessern.

Meine Gesundheit, obgleich vom Fieber verschont, hatte sehr gelitten, und namentlich mein geistiger Zustand verursachte mir oft unsägliche Pein. Mein früher so festes Nervensystem war in hohem Grade angegriffen, schon durch die letzten Aufregungen in Deutschland, die sich hier noch steigerten. Ich versuchte, meinen Zustand auf geistigem Wege zu bekämpfen und wendete mich um Hilfe in heißem Gebet an Gott. Wesentlich unterstützt wurde ich hierbei durch aufmerksames, fleißiges, wiederholtes Studium von Zschokkes "Welt- und Gottanschau" (21. Band von Zschokkes' Selbstschau), ein tief religiöses und daneben philosophisches Werk, das noch jetzt nicht von meinem Tisch kommt. Dadurch gelangte ich erst zu festen auf innerste Überzeugung gegründete religiöse Ansichten, zwar nicht gestützt auf die Lehrsätze einer der vielen, namentlich der hiesigen christlichen Kirchen, die ja alle nur Menschenwerk, abweichend genug von einander sind, wohl aber auf die herrlichen Lehren, die unser Erlöser selbst erteilte. Mein Kampf wurde schon binnen Jahresfrist von Sieg gekrönt, nicht nur mein geistiges Leiden, sondern auch die unausbleiblichen Einwirkungen desselben auf das körperliche Befinden verschwanden.

Im Jahr 1856 machte mir Quentin den Vorschlag, eine Farm von ca. 35 Acres ganz in der Nähe von Milwaukee zu kaufen, worauf bisher eine Baumschule im Gang war,