Herforder Chronik (1910)/420

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Herforder Chronik (1910)
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1758

sein, wenn die Ration nach dem königl. französischen Fuß mit 10 Mariengroschen mit Geld bezahlt würde.

Der vermittelnde Herr Major benutzt die Gelegenheit, auch für sich täglich 4 Rationen für 4 Pferde ebenfalls auf 150 Tage herauszuschlagen, bemerkt aber, er wolle sich mit 9 Mariengroschen für die Ration begnügen.

Die Herren Stadtväter beginnen nun ihre oft vorgebrachten Klagelieder über die seit Einrückung der Garnison unaufhörlich sich mehrenden Ausgaben, welche die arme Stadt und Bürgerschaft erschöpft und unvermögend gemacht hätten, solche ansehnliche Summe ferner aufzubringen. Der Herr Major erwidert kaltblütig, doch mit aller Höflichkeit, daß es eine große Wohltat für die Stadt wäre, wenn sie diese rechtmäßig geforderte Fourage in natura zu liefern nicht nötig hätte, sondern zu einer so leidlichen Taxe bezahlen könnte, weshalb er anheim gebe, ob es nicht ratsamer sei, die Offerte freiwillig zu akzeptieren, als sich in die Schwierigkeit zu setzen, daß solche Fourage in natura „verschafft“ werden müßte. Als alle Klagen und Bitten des Magistrats nicht helfen wollten und man fürchtete, durch fernere Weigerung den Unwillen des Herrn Generals zu erregen, und andere daraus entstehende Unbequemlichkeiten für die Bürger, vielleicht auch noch größere Auflagen heraufzubeschwören, willigte das Kolleg in den harten Antrag, und der Herr Graf erhielt 8331/3 Taler (7500 Mark), der Herr Major 150 Taler (1350 Mark nach heutigem Wert).


In der Ferne zog sich ein drohendes Gewitter zusammen, welches die Franzosen in Herford besorgt aufschauen ließ. Am 17. Februar 1758 hatte Herzog Ferdinand von Braunschweig den Feldzug wieder eröffnet, um die Feinde aus ihrer Winterruhe in Hannover, Hessen und Westfalen aufzustöbern. Schlag folgte auf Schlag, unter den französischen Generälen entstand Verwirrung, die noch vermehrt wurde durch den ganz unfähigen Oberbefehlshader Grafen Clermont, den Nachfolger des abberufenen Herzogs Richelieu. Der Schrecken von Roßbach und Leuthen lag noch allen in den Gliedern, und als die erfolgreichen Bewegungen des Herzogs Ferdinand bekannt wurden, hatte Clermont nichts eiligeres zu tun, als die niedersächsischen Städte Celle, Hildesheim, Braunschweig, Wolfenbüttel und Hannover zu räumen und schleunigst den Rückzug gegen die Weser anzutreten.

Herford war in begreiflicher Unruhe: flüchtende feindliche Truppenteile brachten aufregende Nachrichten, durchzogen die Stadt oder mußten zu kurzer Rast beherbergt, verpflegt und für den Weitermarsch versorgt werden. Das gab manche sorgenschwere Stunde bei Rat und Bürgerschaft, aber man war so klug, dem fliehenden Feinde goldene Brücken zu bauen.

Die oben berichtete Gelderpressung von seiten des Stadtkommandanten, so verwerflich sie auch bei einer so hochgestellten Militärperson erscheinen mag, ist doch erklärlich, wenn man sich die vielen Beispiele von dem in den Schriften