Herforder Chronik (1910)/423

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Herforder Chronik (1910)
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1758

um die Summe von 175 Talern (heut 1575 M.) zu schröpfen. Sie werden ihm ohne viel Federlesens gereicht „in Hoffnung, daß er seinem Erbieten gemäß darüber quittieren werde“. - Dazu hat er indes keine Zeit mehr gefunden.

Am 16. März hat endlich der letzte Franzose der Herforder Garnison dem guten Herford den Rücken gekehrt, und was etwa noch nachtrödelte, wurde von den alsbald erscheinenden schwarzen Husaren zum Lande hinausgefegt. Der Magistrat ermangelt nicht, am selben Tage der Mindener Regierung davon Anzeige zu machen: „Nach Ablauf von etwa 9 Monaten von dem Tage der Einrückung an ist die Stadt am Mittag des genannten Tages deoccupiret worden, ohne daß dabei einige Gewalttätigkeiten vorgegangen wären, wiewohl es an verschiedenen Particulier-friponnerien (Schelmenstreichen an Privatleuten) nicht ermangelt hat.“ So hat das den Nachtrab bildende Infanterieregiment unter dem Vorgeben, daß er die Stadtschlüssel zurückbringen solle, den Senator Middelkamp bis kurz vor Salzuflen mitgeschleppt, ihm dort die Schlüssel ausgehändigt und ihn dann seiner Wege gehen lassen. Außer solchen harmlosen Streichen weiß der Bericht aber noch von Räubereien und Scheußlichkeiten zu erzählen. Die Stadt hat nämlich eine Anzahl Kühe aufbringen müssen, damit die Herren Franzmänner auf der Reise eines Bratens nicht entbehrten. Als aber die zusammengetriebene Zahl der noch vorhandenen Kühe ihnen nicht ausreichend erschien, haben die Erbarmungslosen die von den Herfordern zurückgelassenen trächtigen Tiere herbeigeholt, sie erschlagen, „so daß bei vielen die Kälber vitales (lebendig) gewesen, ja gar als posthuma (nachgeborne) auf dem Platze herumgelaufen“. Die Stadt hat zuguterletzt noch soviel als möglich Fourage beschaffen müssen, die von den einfach aus den Ställen gezogenen Spannpferden befördert ist. Dennoch glaubt der Magistrat, daß die Franzosen aus Achtung vor der „Frauen Herzogin und Äbtissin Durchl.

Hedwig Sophie Auguste, Herzogin von Schleswig-Holstein (1750-1764)

und infolge deren gnädigster entremise“ (Vermittelung) hier nicht so arg gewirtschaftet haben, wie an vielen andern Orten. (S. O. Weerth, das lippische Land und der Siebenjährige Krieg.) Gleichwohl will der Magistrat fast deseperiren (die Hoffnung aufgeben) aus diesem Labyrinth wieder zu eluctiren (sich herauszufinden) „insofern solches nicht durch Ew. Königl. Majestät mächtige Hand und Unterstützung zu hoffen stehet.“ Der Bericht schließt mit den Worten: „Der allerhöchste Gott wolle und wird ferner den gemeinsamen Feind durch den Schrecken Ew. Königl. Majestät großen Namens und die siegenden alliirten Waffen in seine eigenen Grenzen zurücktreiben und unsere allerunterthänigste Freude beständig vergrößern.“


Durch die Herforder Bevölkerung ging ein tiefes Aufatmen nach langem Druck und schwerer Qual.