Herforder Chronik (1910)/110

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Herforder Chronik (1910)
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Weinverteilung[1].

Der gekaufte Wein wird in 27 Teile geteilt: 1 Teil erhält die Frau Äbtissin; 1 Teil jeder Wochenherr (ebdomadarius)[2]; Diakonus[3] und Subdiakonus zusammen 2 Teile, doch so, daß zwei Drittel davon auf ersteren, ein Drittel auf letzteren kommt; jedes die Schule nicht besuchende Fräulein (domicella) erhält ½ Teil, Herr Walder (?) 1 Schilling; den Rest möge das Stift teilen.

Von jedem Fasse gemeinschaftlich gekauften Weines erhält die Frau Äbtissin, Herr Walder, jeder Wochenherr und der Diakon je 3 Schoppen, der Subdiakon und der Rentmeister je 2 Schoppen, die Kellermeisterin 3½ Schoppen, Dekanin und Speisemeisterin (dapifera) je 1 Schoppen.

Das Stift gibt der Küsterin 2½ Schoppen zum Opfer (ad sacrificium, Trinkgeld?); dem Wochenherrn 3 Quart in den Schrank (in armario); dem Herrn Propst[4] 3 Quart, jeder die Schule nicht besuchenden Dienstmagd (domicella) 1 Schilling; dem Küchenburschen 1 Krug Wein; den Erntewwibern ebensoviel.

Über den Weinverbrauch.

Unter den 28 Mansen der Villikatio Libbere wird Evingthorp aufgeführt, unter dessen Abgaben zwei Fuder Holz für den caupo der Abtei verzeichnet sind. Wir halten den hier zum erstenmal erwähnten Stiftsbeamten, über dessen berufliche Tätigkeit in der ältesten Zeit uns nichts überliefert ist, für den Weinschenken des Klosters. Erst in späterer Zeit, im 17. Jahrhundert, erfahren wir Näheres über ihn, und zwar in der schon angeführten Schrift „Gründlicher und warhaffter Bericht: Was gestallt“ usw. Sie ist eine Zusammenstellung der Streitschriften zwischen Abtei und Stadt Herford, und unter Nr. 10 behauptet darin Dr. Gießenbier, der Vertreter der Abtei, der caupo habe den Wein überallhin verkaufen dürfen, wogegen der städtische Anwalt Dr. Fürstenau in Nr. 11 nachweist, daß der caupo[5] nur berechtigt gewesen sei, den von den Stiftsangehörigen benötigten Wein zu verabfolgen. Der Streit um diese „Weinzappen“ genannte Schankgerechtigkeit im Stiftskeller und auf der Freiheit zieht sich durch

  1. Darpe, a. a. O. S. 155.
  2. Hebdomadarius, Wochenherr, ist der Geistliche, der unter mehreren Kollegen die Amtsverrichtungen einer Woche, wie Taufen, Trauungen, Beerdigungen zu besorgen hat.
  3. Diakonus, Diener, ist niederer, kirchlicher Beamter, der zur Aufrechterhaltung der Ordnung beim Gottesdienst eingesetzt ist, in späterer Zeit auch die Pflege der Armen und Kranken übernimmt.
  4. Propst, praepositus, ist der Ökonomieverwalter.
  5. caupo, der Weinzapfer, dem auch die Sorge für den Wein (das Nachfüllen) und die Fässer (Reinigen, Ausschwefeln) obliegt.