Herforder Chronik (1910)/181

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Herforder Chronik (1910)
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so daß man endlich im 18. Jahrhundert die hohe Spitze durch eine solche Kappe ersetzt hat, wie sie bis zum erfolgten Abbruche des oberen Teils des Turmes im Jahre 1854 zu sehen war.

Am Mastbaum des Turmes findet sich die Jahreszahl 1490.

IV. Der Kirchhof.

       1. Der nördliche Teil des die Kirche umgebenden Raumes war, wie unter II. schon gesagt worden, von dem Kreuzgange und den durch diesen mit der Kirche in Verbindung gesetzten Kapellen S. S. Apostolorum et Wolderi, S. Antonii und S. Annae eingenommen. Diese Baulichkeiten füllten aber nicht den ganzen Platz an der Nordseite, sondern nur die nach Westen belegene Strecke desselben aus. Nach Morgen blieb neben dem nördlichen Arme des Kreuzquerbalkens und neben dem Chore eine offene Strecke, die in neuerer Zeit (nach Rose in den Prov. Blättern seit 1590) die Bezeichnung „Lückepott“ trägt. Manches deutet darauf hin, daß auch dieser Raum früherhin mit einem Gebäude besetzt gewesen sei und gerade hier das Convictorium der Stiftsdamen gestanden habe.

Die Äbtissin - ein regierender Stand des heiligen römischen Reichs und in ihrem Bereiche statt des Diözesanbischofs die geistliche Obrigkeit, über sich nur Papst und Kaiser und Reich erkennend - hatte zwar, ihrer hohen Würde entsprechend, als Residenz eine abgesonderte Kaminate [1] „Kemnat“, das jetzige Fabrikgebäude an der Westseite der Kirche, freilich in anderer Form; - zur Zeit der Stiftung der Abtei und in den folgenden Jahrhunderten brachte es aber die kanonische Regel mit sich, daß in allen geistlichen Stiftern die Mitglieder, außer dem Bischöfe oder Abt oder der Äbtissin, unter ihrem Dechanten, bez. ihrer Dechantin gemeinschaftlich wohnen, schlafen, speisen und beten mußten. Dieses gemeinschaftliche Leben hörte zwar hier und da schon im 11. Jahrhundert, noch mehr aber im 12. Jahrhundert auf, und dies muß auch in Westfalen der Fall gewesen sein, indem der Erzbischof von Köln nach Schaten Ann. Pad. zum Jahre 1260 in diesem Jahre es für nötig erachtete, durch eine Provinzialsynode für seinen Metropolitansprengel einschärfen zu lassen, daß die Kanoniker wenigstens gemeinschaftlich schlafen und Chor halten sollten. Allein im Stift Herford scheint doch der gemeinschaftliche Haushalt sich länger erhalten zu haben. Falke gibt in den trad. corb. eine dem 13. Jahrhundert angehörige Urkunde, die genau verzeichnet, was das ganze Jahr hindurch von den Präbenden, d. h. hier - von den eingehenden Naturalleistungen, - zum gemeinschaftlichen Tische der Stiftsdamen und ihrer Bedienung, mulieribus quae serviunt dominabus, dominabus coquinariis, coco, qui est in coquina dominarum, qui et vigil est earum etc.[2] gegeben werden soll, gewissermaßen einen Küchenzettel für das ganze Jahr, und noch im 15. Jahrhundert warnt eine in Schatens Annalen

  1. Ursprünglich heizbares, mit Kamin versehenes Gemach; hier Haus.
  2. D. i. den Frauen, welche die Damen bedienen, den Kochfräulein, dem Koch, der in der Küche der Damen ist und dem, der die Aufsicht über das Küchenpersonal führt usw.