Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/083

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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie
Inhalt
Vorwort | Einleitung
Erster Theil: Kap. 1234
Zweiter Theil: Kap. 1234
Dritter Theil: Kap. 123456
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      „Im engsten Zusammenhange aber hiemit steht es. wenn, ebenso wenig wie durch die Braut und junge Frau verwandtschaftliche Beziehungen zu den Angehörigen derselben angeknüpft wurden, eine ebenso geringe Beachtung auch die durch das zur Mutter gewordene Weib vermittelte Blutsverwandtschaft zwischen ihren Verwandten und ihren und ihres Mannes Kindern, wenigstens zunächst bei den Indogermanen, fand. Es ist somit nach meiner Auffassung kein Zufall, daß wol des Vaters nicht aber der Mutter Bruder übereinstimmend in den indogermanischen Sprachen benannt ist und überhaupt lediglich cognatische Verwandtschaftsgrade sich durch urzeitliche Gleichungen nicht belegen lassen.“[1]

      Aus diesem geistigen und gesellschaftlichen Zustand der indogermanischen Vorzeit erklärt es sich vollständig, daß alle sogenannte Ahnenverehrung auch noch in historischen Zeiten ans den männlichen Stammeskreis beschränkt blieb und die natürliche durch das Elternverhältnis gegebene Gabelung des Ascendentenbegriffs kaum beachtet worden ist. Wahrscheinlich ist es ein noch kaum gewürdigtes Verdienst der griechischen Naturphilosophie richtigere Ahnenvorstellungen in die Welt gesetzt zu haben und jedenfalls ist auch in dieser Beziehung Aristoteles derjenige, der das Ahnenproblem zum erstenmale naturgesetzlich durchzudenken unternommen hat. Aber in gesellschaftlicher und familienrechtlicher Beziehung erhielt die mütterliche Ascendenz doch erst durch die Rechtsbildung der Römer wirkliche Berücksichtigung.


  1. Ebd. S. 546; daher spricht sich Schrader in seinem trefflichen Werke gegen die von Bachofen verbreitete Meinung der Promiscuität der Arier sehr bestimmt aus und auch gegen die Ausführungen Leists, Graecoitalische Rechtsgeschichte, welcher den „aus dem Obsequium gegen die Parentes erzeugten cognaitischen Familienbegriff für uralt arisch erklärt und die aus diesem gegründete Vorstellung eines engeren Verwandtenkreises für das älteste des alten hält, was die Griechen und Italier von ihren Vorfahren erhalten hätten". Man dürfte vielleicht dieser Ansicht gegenüber auch den Zweifel aussprechen, ob überhaupt einer agnatischen und cognatischen Entwicklung des Familienbegriffs das menschliche Gedächtnis Stand zu halten vermöchte, solange es nicht durch Schriftkunde unterstützt wird. Die Ahnentafel ist wahrscheinlich ohne Schriftthum etwas gar nicht denkbares. Studien hierüber bei mannigfachen Völkern wären erwünscht.