Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/099

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie
Inhalt
Vorwort | Einleitung
Erster Theil: Kap. 1234
Zweiter Theil: Kap. 1234
Dritter Theil: Kap. 123456
<<<Vorherige Seite
[098]
Nächste Seite>>>
[100]
Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



ganz oben ist Maria und Christus zu sehen, während in den Zweigen eine große Masse von Personen zum Theil in abenteuerlichen Zusammenstellungen erscheint. So wenig es sich hier um eine eigentlich genealogische Arbeit handelt, so ist doch die Idee des Baumes in voller Ausbildung als Sinnbild der Abstammung und Geschlechtsverzweigung benutzt. Ebenso zeigt sich in einem nahezu gleichzeitigen großen Kunstwerk jener Periode, in der Darstellung von der Abstammung der Maria und ihres Sohnes auf dem Deckengemälde der St. Michaelskirche zu Hildesheim das Baumornament, wenn man auch nicht sagen dürfte, daß es sich da um einen wirklichen Stammbaum handle.[1] Allein die Vorstellung von der geschlechtlichen Entwicklung als ein dem Baume vergleichbares Wachsthum ist unleugbar vorhanden. Da die Michaelskirche im Jahre 1186 geweiht wurde, so dürfte auch das Deckengemälde noch dem 12. Jahrhundert angehören. Etwas jüngeren Datums ist der in Marmor ausgeführte Stammbaum Christi unter den Basreliefs, womit die Vorderseite des Doms von Orvieto 1290 bis 1296 geschmückt ist.[2] Manches andere dieser Art findet sich auf Glasgemälden [3] und darf hier übergangen werden, da es


  1. Janitschek, Gesch. der deutschen Malerei, Berl. 1890, S. 159 ff. Der Ausdruck Stammbaum Christi ist für dieses merkwürdige Gemälde jedenfalls nicht wörtlich zu nehmen. Die Hauptbilder in der Mitte, David und andere Könige, entwickeln sich eigentlich nicht aus dem Stamme, der überdies nicht zu Christus hinaufsteigt, sondern von ihm ausgeht.
  2. Gruner, Ludw. Die Basreliefs an der Vorderseite des Doms zu Orvieto, Marmorbildwerk der Schule der Pisaner mit erklärendem Text von Emil Braun, Leipzig 1858, Tafel 19 ff. Der bekannte Erbachsche Stammbaum Jesse liegt mir leider nicht in Abbildung vor.
  3. Otte, Hdbuch. D. kirchl. Kunstarchäologie I. 516 sagt: „Eine seit dem dreizehnten Jahrhundert beliebt werdende, namentlich in Glasmalereien vorkommende Darstellung ist der aus der Wurzel Jesse, Jesaias 11, 10 erwachsende Stammbaum Christi. Unten liegt Jsai, der Vater Davids, in Patriarchentracht und auf seiner Brust wurzelt ein Weinstock, der aus seinen Reben, durch Ranken verbunden, den biblischen Geschlechtsregistern folgend, die Bilder der Vorfahren Christi trägt und in der Darstellung des thronenden Salvators gipfelt. Die ausführlichste mit Adam und Eva beginnende Reihenfolge ist in der Deckenmalerei von St. Michael in Hildesheim enthalten. Eines der vorzüglichsten Beispiele dieser Art ist der berühmte Schnitzaltar des Veit Stoß in der Marienkirche zu Krakau. - Analog sind die im Spätmittelalter vorkommenden Stammbäume der Mönchsorden, z. B. der Stammbaum der Dominikaner mit den vorzüglichsten Heiligen dieses Ordens z. B. am Lettner der Dominikanerkirche zu Bern, vereint mit dem Christi v. 1472, allein in Holzschnitt v. 1473.