Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/149

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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie
Inhalt
Vorwort | Einleitung
Erster Theil: Kap. 1234
Zweiter Theil: Kap. 1234
Dritter Theil: Kap. 123456
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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie.djvu
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  1. Stammbäume. Alte sind jedoch nur mit größter Vorsicht als Quellen zu benützen, sie waren gerade in der Zeit am meisten der Urteilslosigkeit der Gelehrten und der Erfindungsgabe der Liebhaber unterworfen, als sie sich formell am schönsten zu entwickeln schienen. Eine Ausnahme machen Stammbäume und noch mehr diejenigen Ahnentafeln, die zu irgend einem offiziellen Zwecke geprüft und in Folge dessen als eine Art von Urkunden betrachtet werden durften.
  2. Inschriften, die sich in Kirchen und Kapellen finden, sind wenn ihre Originalität nicht vollkommen sicher steht, nicht unbedingt zu gebrauchen, weil bei Erneuerungen derselben oft sehr willkürlich verfahren wurde. Zuverlässiger sind wohl im allgemeinen die Votivtafeln und Bilder, sowie die Sterbetafeln von Familien in den Kirchen und die Grabmäler und Leichensteine. Den sogenannten Todtenschildern in den Kirchen gegenüber glaubt Gatterer ebenfalls zu besonderer Vorsicht mahnen zu sollen.
  3. Eine für die Entwicklung der Genealogie immer wichtiger werdende Quellengattung ist das Porträt, dessen Benutzung bei der Frage der Erblichkeit von entscheidender Bedeutung werden muß. Natürlich gewinnt die Zukunftsgenealogie durch die rasche Verbreitung der Photographie eine Grundlage, die der Genealogie älterer Zeiten fehlt, wobei freilich wichtige Momente für Bestimmung von Erblichkeit verloren gehen wie die Farbe von Augen und Haaren. Indessen wird die Kenntnis des Porträts seit den ältesten Zeiten durch plastische Darstellungen vermittelt. Der Grabstein des Mittelalters gibt wenigstens für einzelne Familien bereits die Möglichkeit der Erforschung von typischen Erscheinungen. Seit dem Aufkommen und der Verbreitung des gemalten Porträts und seit der Zeit des Holzschnitts und der Stecherkunst also seit vierhundert Jahren, ausreichend für Erblichkeitsfragen von zwölf Generationen, ist das Material so massenhaft vorhanden wenn auch zerstreut, daß man die Porträtforschung schon heute für einen der lohnendsten Zweige des genealogischen Studiums bezeichnen kann.[1]


  1. Bildersammlungen und Porträtsnachweisungen kenne ich leider nicht; man scheint vorläufig auf die Antiquarcataloge angewiesen zu sein. Nur für Bayern hat soviel ich weiß Haeutle in seiner schon wiederholt erwähnten musterhaften Genealogie des erlauchten Stammhauses Wittelsbach die Bildnisse systematisch in Betracht gezogen. Vorarbeiten gewährten schon in früherer Zeit Zimmermann, Series imaginum, Dammer, Bilder der Monarchen u. a. m.; auch für die Hohenzollern sei auf die Familienbilder von Baumeister hingewiesen. Die für die deutschen Kaiser nach dem Frankfurter Bildercyklus verbreiteten Bilderbücher zeigen freilich, wie die Sache nicht gemacht werden muß. Im ganzen halte ich das historische Porträt für einen vollständig linksliegengelassenen Zweig der Kunstgeschichte.